CD Kritik Progressive Newsletter Nr.45 (08/2003)
Alamaailman Vasarat -Käärmelautakunta
(44:47, Silence, 2003)
Finnen, die mit Cellos nicht klassisches, sondern eher heftiges Terrain bevorzugen, sind spätestens seit Apocalyptica für die Allgemeinheit nichts Unbekanntes mehr. Doch bereits viel früher existierten Höyry-Kone, aus deren "Überresten" Alamaailman Vasarat entstanden, die mit ihrem "Ethnic Brass Punk", sowohl die World Music Charts aufmischten, wie sie mit ihrem Debüt "Vasaraasia" Fans aus so unterschiedlichen Bereichen wie Progressive Rock, Folk, Heavy Metal und Filmmusik ansprachen. Völlig zu recht erhielt die Band, die ohne jegliches elektrisches Instrumentarium auskommt, eine Einladung für das diesjährige NEARfest und bereits Anfang März diesen Jahres legten sie ihren zweiten Longplayer "Käärmelautakunta" vor. Welch heftige Musik man irgendwo im Dunstkreis zwischen Folk, jüdischen Klezmerklängen, Kirmesmusik, Metal, Jazz und Prog nur mit Saxophon, Klarinette, Posaune, Trompete, Tuba, Cello, Pumporgel und Schlagzeug spielen kann, bewiesen die agilen Finnen bereits auf dem Erstlingswerk. Einiges davon, bekommt man natürlich ebenfalls auf dem Nachfolger geboten, allen voran natürlich die spannende Mischung aus Härte, Witz, Abgedrehtheit und Ironie. Doch wo früher viel häufiger Fröhlichkeit und Polka-ähnliches Tempo angesagt waren, herrscht mittlerweile mehr getragener Weltschmerz vor. Nicht mehr nur flott und unbekümmert dringt's aus den Boxen, vielmehr von Melancholie bestimmt, traurig und zuweilen recht schleppend, geht die etwas andere Folkband aus Nordeuropa zu Werke. Durch verlangsamtes, nachdenkliches Tempo bekommen die Kompositionen eine wesentlich bombastischere und bedrohlichere Komponente angehängt. Man hat bisweilen den Eindruck, die Band ist erwachsen geworden, will sich nicht mehr nur den kindlichen Späßen hingeben. Ein Umstand, mit dem man sich erst einmal anfreunden und der "Käärmelautakunta" keineswegs zu einem sofortigen Muntermacher macht. Hat man sich jedoch einmal mit dieser inhaltlichen Änderung arrangiert, so gewinnen auch die neuen Klänge an Format. Zudem trauen Alamaailman Vasarat nicht ganz ihrer neuen Melancholie und packen im hinteren Teil der CD doch noch die altbekannten, wirbelnden Humpa-Humpa Takte mit Saitengewitter an den Cellos aus. "Käärmelautakunta" löst zwar insgesamt nicht ganz die Begeisterung wie "Vasaraasia" aus, ein tolles Album ist es dennoch und andererseits wäre es verdammt langweilig, wenn sich Alamaailman Vasarat nur selbst zitieren würden. Eine der interessantesten, ganz anderen "World Music" Bands, bleiben die Nordmänner auf jeden Fall.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2003