CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)

New Sun - Expectations
(44:20, Blue Seven Music, 2001)

Geschrumpft zum Trio, wandelten sich die aus Kalifornien stammenden New Sun nicht nur personell, sondern auch stilistisch. Drei Jahre sind seit "Affects" vergangen, geblieben sind der eigene, leicht düstere Sound, mystische, dunkle Stimmungen, die Anleihen an den progressiven Hard Rock der frühen Rush, als es noch keinen Strom für Keyboards gab. Dafür klingen ihre Songs offener, laut eigener Aussage sogar melodischer, was ich aber selbst nach genauen Anhören nicht ganz nachvollziehen kann. New Sun spielen auf jeden Fall keine Einheitskost, man bekommt keineswegs die üblichen austauschbaren Klischees serviert. Da die Bands nur sehr wenig Keyboards benutzt, konzentriert sich das instrumentale Hauptaugenmerk auf die Gitarre, die mal akustisch, mal elektrisch verstärkt den Sound des Trios prägt. Zwar können die Kalifornier auch auf der traditionellen Prog / Hard Rock Schiene fahren, doch sie schaffen es durch verschiedenartige Stimmungswechsel wesentlich mehr Tiefe in ihre Musik einfließen zu lassen. Dass dabei immer wieder Ähnlichkeiten zu Rush auftauchen ist zwar sicherlich nicht immer gewollt, doch bei der musikalischen Ausrichtung fast schon nicht zu vermeiden. Neben der Gitarre kommt aber auch keineswegs die Rhythmustruppe zu kurz, die in den elektrischen Passagen für mächtig Druck, aber ebenso verschachtelte Muster sorgt. Komplexität ist nicht Mittel zum Zweck, sondern wird immer wieder eingesetzt, wenn man gerade den Eindruck hat, dass die Band mal wieder aus ihrer eigenen Melancholie ausbrechen sollte. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Hinzunahme von diversen Gastmusikern (u.a. Maximun Indifference Bassist Gustaf Fjelstrom, sowie der auch schon mal bei Camel tätige Keyboarder Neil Panton), wobei vor allem Violinist Benito Cortez mit seinem Auftritt für ein Highlight des Albums sorgt. Die Stärke dieser Scheibe liegt zudem im inhaltlichen Aufbau. Schleppen sich die ersten Songs noch etwas träge dahin, so gewinnt das Album immer mehr an Fahrt, Abwechslung und Spannung. Man kann sich sozusagen mit etwas Geduld an der Balance zwischen akustischem, mehr atmosphärischem Material und elektrischer Rauheit "warm hören". Zum ganz großen Wurf fehlt es New Sun noch an etwas Unverwechselbaren, etwas Eigenem, doch die kontinuierliche Qualitätssteigerung ihrer drei bisher erschienenen Alben zeigt, dass sich die Band auf dem richtigen Weg befindet.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2001