CD Kritik Progressive Newsletter Nr.35 (05/2001)
Patrick Broguière - Châteaux de la Loire
(48:57, Gimmick Productions, 2001)
Mit seinen Alben zollt der Multi-Instrumentalist Patrick Broguière seiner französischen Heimat auf eine ganz eigene Art Tribut. War sein letztes Solowerk dem Mont Saint-Michel in der Bretagne gewidmet, so ist sein mittlerweile viertes Album eine Hommage an die Loire-Schlösser. Wer selbst schon mal die Chance hatte sich die großartigen Bauten von z.B. Chambord, Blois oder das Wasserschloss Chenonceau anzuschauen, der bekommt hier den passenden Soundtrack dazu. Broguière schafft es mit diversen Stilmitteln das 15. und 16.Jahrhundert wieder lebendig werden zu lassen. Zum einen verarbeitet er traditionelle Liedformen und Tänze aus jener Zeit, wie z.B. Pavane, andererseits sorgen folkloristische Leichtigkeit, sowie mannigfaltige Sounds aus dem elektronischen Wunderkasten (gesampelte Chöre, Pauken, Spinett) dafür, dass man sich mühelos um einige Jahrhunderte zurückversetzt fühlt. Doch die Lieder leben nicht nur von ihrem mittelalterlichen Charme - ausgelassene Fröhlichkeit, nette Melodien und ein gewisse Verwandtschaft zu Mike Oldfield tun ein übriges. Was Broguière äußerst wohltuend von vielen anderen Solokünstlern unterscheidet, ist sein souveräner Umgang nicht nur verschiedenen Sounds, sondern neben Keyboards, greift er auch gekonnt in die Gitarre, lässt die Violine singen, er beherrscht auch diverse Blasinstrumente. Damit nimmt er seinem Konzeptwerk über weite Strecken den synthetischen Charakter vieler vergleichbare Werke - seine Musik lebt, klingt echt, aus "Fleisch und Blut", auch wenn es ab und zu einige zu technische, sterile Sounds zu verschmerzen gilt. Neben der geglückten Klang-Zeitreise gibt es zudem vielerlei proggige Elemente, angefangen von fetten Mellotronteppichen, sinfonischer Sprunghaftigkeit bis hin zu verschachtelter Rhythmik. Die sorgsame klangliche Vielschichtigkeit macht das Anhören nie langweilig und als kleines Bonbon hat zudem der ehemalige Galaad Sänger Pierre Yves Theurillat bei "La ballade du balafre" einen wunderbaren Gastauftritt. Ein gutes Konzeptwerk, welches sich in vielerlei Hinsicht aus der großen Masse heraushebt. Warum können nicht alle musikalischen Alleinkämpfer dieses Niveau erreichen?
Kristian Selm
Kontakt: Patrick Broguière, 10 rue Victor Letalle, 75020 Paris, Frankreich
© Progressive Newsletter 2001