CD Kritik Progressive Newsletter Nr.23 (12/1998)

Hostsonaten - Mirrorgames
(70:21, Mellow Records, 1998)

Beim ersten Versuch hießen sie noch Finisterre Project, inzwischen haben sie sich in den Namen der ersten CD umbenannt. Vielleicht heißen sie beim nächsten mal Mirrorgames, wer weiß das schon? Um aber die Verwirrung etwas zu relativieren, Hostsonaten sind niemand anderes als die Musiker der italienischen Band Finisterre, die zusammen mit einigen Gastmusikern ihre Vorliebe für antiquierte 70er Prog Klänge ausleben. Dass die Produktion passend dazu ebenfalls nach 70er klingen muss, nämlich etwas dumpf und verschwommen, kann man gerade noch unter dem Mantel der Nostalgie und mit etwas Toleranz akzeptieren. Beim englischen Gesang hört der Spaß aber dann auf, da hat sich qualitätsmäßig im Vergleich zum Vorgänger rein gar nichts geändert: diffus, nervig und reichlich deplaziert, hier und da einfach grottenschlecht. Leider ist "Mirrorgames" wesentlich textlastiger, was diese musikalisch ausgezeichnete Scheibe erheblich abwertet. Gesang also abhaken, deswegen zur instrumentalen Abteilung und den stilistischen, sowie liedtechnischen Daten. Die letzten zuerst: sieben Lieder bei siebzig Minuten, schon mal recht ordentlich. Longsong-Fetischisten sind also schon mal befriedigt. Stilistisch geht die Zeitreise in die Niederungen der 70er zurück. Bei den Worten "Mellotron" und "Hammond Orgel" kriegen manche bereits glänzende Augen. Und dies zu recht. Besonders diese beiden Tasteninstrumente bekommen zwar selten, aber doch hörbar ihr Recht. Neben epischen Passagen mit viel gefühlvoller Tasten- und Saitenbearbeitung, darf dazu auch mal ins Saxophon bzw. die Flöte getrötet werden. Da ja bekanntermaßen seit Gabriels Genesiszeit Flötentöne fast schon das Adjektiv "progressiv" rechtfertigen, es dazu auch noch sonoren, wirklich schönen Chorgesang mit akustischer Gitarrenbegleitung gibt, ist der atmosphärische Faktor voll im grünen Bereich. So ist der Ausschlag für Gefallen bzw. Missfallen dieses Album eindeutig im Gesang zu suchen. Wer mit dem Debüt keine Probleme hatte, wird sicherlich auch hier diese Abstriche akzeptieren. Für den Rest gilt, Ohren zu und durch.

Kristian Selm



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