CD Kritik Progressive Newsletter Nr.21 (07/1998)

Ageness - Imageness
(53:01, Musea, 1998)

Nachdem es nach der Veröffentlichung von "Rituals" nahezu drei Jahre recht ruhig um die finnische Band war, kehren die Mannen um den Sänger, Songschreiber und Multiinstrumentalisten Tommy Eriksson um so beeindruckender und gestärkter zurück. Ihr drittes Studioalbum "Imageness" hat unter den Fittichen von Musea nicht nur endlich einen weltweiten Vertrieb gefunden, es zeigt sich auch, dass man musikalisch einiges zugelegt hat. Powervoller, moderner Rock, dem man die Verweise auf seine progressiven Wurzeln deutlich anmerkt, dennoch klingen die Skandinavier taufrisch und neu. Einmal mehr spürt man die stilistische Verbundenheit zu It Bites, die Ende der 80er ihre rockigen Klänge mit progressiven Zitaten versahen und so einen geglückten Brückenschlag zwischen diesen beiden Ebenen schafften. Ageness Rezept beruht ebenfalls auf einer solide Struktur mit kräftigen Gitarren und einem rhythmisch anspruchsvollen Unterbau. Melodie und druckvoller Rock liefern so die Grundlage für die geglückten Ausflüge in komplexere Gefilde, alles wirkt dennoch energisch, klar, lautstark und bewusst durchdacht. Als sonstige Neuheiten sind noch Chorgesang und wesentlich ausgedehntere Soloausflüge anzutreffen. Während die drei ersten Songs noch im 4 bis 6 Minuten Bereich bleiben und gut losrocken bzw. -proggen, zeigt das zehnminütige "Metamorphosis" bereits das Gespür für anspruchsvolle und komplexere Arrangements und macht diesen Song zum Höhepunkt des Albums. Nur die Blende am Schluss wirkt reichlich einfallslos. Mit dem über 26-minütigen "Sequels" werden die Freude des Longsongs bestens bedient, wobei trotz aller Abwechslung eine notwendige Straffung manchen Passagen sicherlich gut getan hätte. Alles in allem auf jeden Fall eine Empfehlung wert, denn Ageness hätten sicherlich auch in Deutschland mehr Zuhörer und Käufer ihrer CDs verdient, da sie in keiner Weise auf die bei den skandinavischen Bands so beliebten und vielen Zuhörern so verschmähten melancholischen Grundstimmungen zurückgreifen.

Kristian Selm



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