We Lost The Sea - A Single Flower
(70:40, CD, Vinyl, Digital, Bird’s Robe Records/dunk! Records, 04.07.2025/29.08.2025)
Hier wird die Blaupause des Post Rock erneuert und aus gehärtetem Metall gestanzt. Siebzig (!) Minuten, Monolith an Monolith, einerseits von erdrückender Schwere, andererseits von befreiender Anmut – We Lost The Sea sind zurück. Knapp sechs Jahre nach dem übermächtigen „Triumph & Disaster“ triumphieren die Australier erneut mit einem Brocken in instrumentalem Post Rock, bei dem zwar schon alles gesagt wurde, man also direkt weiß, worauf man sich einlässt, es aber wieder auf den tiefenwirksamen Augenblick beziehungsweise die Augenblicke ankommt. Verloren sind so manche Vertreter in diesem Metier (pg Lost, Lost In Kiev), wiewohl auch zu nah am Wasser gebaut (Oceansize, The Ocean, Buried At Sea). We Lost The Sea bündeln beide Komponenten und hauen mit ihrem fünften Album wahrlich wieder einen raus.
The world lay wrecked before us, a quiet ruin of things lost and things that never were. The mornings came like the grinding of old gears, a slow turning toward some unknowable purpose. And yet, in the stillness of despair, the nameless rose. Not for hope, nor for meaning, but because something in the marrow of our bones whispered that to rise was the only rebellion left.
We Lost The Sea beginnen ihre Rebellion standesgemäß mit ‚If They Had Hearts‘, einem schon einmal neunminütigen Brocken, der sich langsam, aber sicher zu voller Schönheit und Eleganz entwickelt, dann bestätigt, dass die Chaostheorie auch auf musikalische Ergüsse anwendbar ist, nur um darauf in ein bodenloses Loch zu stürzen. ‚A Dance With Death‘ startet mit einem flappsigen Bassthema, viel Atmo und besitzt in den zehn Minuten seiner Existenz genügend Zeit zum Generieren stimmungsschwankender Suspense, die sich auf ihrem Höhepunkt in metallischen Eskapaden überschlägt. ‚Everything Here Is Black And Blinding‘ sowie, nachfolgend, ‚Bloom (Murmurations At First Light)‘ hauen in die gleiche Kerbe von Momenten in Laut/Leise. Das Leise ist dabei kaum wahrnehmbar – verhuscht und transzendent, wohingegen die überambitionierten Parts reichlich Aggressionspotenzial mit sich bringen. Sophie Trudeau von Godspeed You! Black Emperor gibt sich auf ‚The Gloaming‘ reichlich entspannt. Mit drei Minuten sind hier zugegeben auch keine Effekthaschereien möglich. Das hebt man sich für ‚Blood Will Have Blood‘ auf, ein siebenundzwanzigminütiges Ungetüm, das selbst für den eingefleischtesten Posty ein wenig zu gut gemeint ist, da dieser mit reichlich Längen zu kämpfen hat und die Band zugegeben die Spannung auch nicht über den ganzen Track halten kann.
Bewertung: 12/15 Punkten
Gastmusiker:
Sophie Trudeau
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Rezensionen:
„Departure Songs“ (2015/2021)
Liveberichte:
20.05.23, Gent (BE), Viernulvier, Dunk!Festival 2023
19.11.22, Neunkirchen, Neue Gebläsehalle, Gloomaar Festival 2022
Abbildungen: We Lost The Sea