Amenra, Youff, 22.03.25, Lëtzebuerg (LU), Den Atelier

Amenra, 22.03.25, Lëtzebuerg (LU), Den Atelier

Messe in Enge und Ekstase

Zwischen dem 26. und 30. März 2025 spielten Amenra an fünf aufeinanderfolgenden Abenden im Brüsseler Ancienne Belgique – eine Konzertreihe, die nicht nur der Vorstellung ihrer neuen Doppel-EP „De Toorn / With Fang And Claw“ diente, sondern auch als Vorbereitung auf die ab Mitte April anstehende Europa-Tournee. Nur vier Tage vor diesem intensiven Heimspiel-Marathon gastierte die belgische Sludge- und Post-Metal-Institution im luxemburgischen Den Atelier. Das Konzert war nicht nur als Generalprobe gedacht, sondern markierte zugleich den ersten Auftritt mit Bassistin Amy Tung Barrysmith, die als Nachfolgerin von Tim De Gieter vorgestellt wurde.
Als Opener mit dabei: die Genter Noise-Rock-Band Youff.

Youff


Eigentlich hätten Youff um 19:30 Uhr auf die Bühne des Den Atelier krachen sollen – tatsächlich dauert es eine gute Viertelstunde länger, bis sich das belgische Quartett aus Gent endlich in Position gebracht hat. Die Verspätung war letztlich vollkommen in Ordnung, da die musikalische Reise des Quintetts für meinen Geschmack zu anstrengend ausfiel.
Youff spielen eine Mischung aus Noise Rock und Post Metal – auf dem Papier durchaus spannend, in der Praxis leider weniger. Die Gitarristen Arjen Verswijvelt und Victor Goemaere klirren und sägen sich durch monotone Riffwände, Bassist Filip Brans legt wütend pumpende Basslinien darunter und Drummer Manu Mahie bearbeitete sein Schlagzeug mit wilder Entschlossenheit. Das Ganze war heavy as Fuck, aber leider auch monoton und sehr repetitiv.


Michiel De Naegel am Mikro setzte auf eine Hardcore-getränkte Sprechgesangsperformance, die an Henry Rollins erinnerte, allerdings ohne an Ausdruck oder Attitüde des Black-Flag-Frontmannes heranzureichen.
Visuell setzte die Band auf minimalistischen Overkill: ein Licht, das permanent zwischen grellem Hell und Dunkelheit flackerte – kaum Farbwechsel, wenig Dynamik, dafür umso mehr Reizüberflutung. Gepaart mit einem Sound, dessen Dröhnen schon nach wenigen Minuten ins Schmerzregister rutschte, machte ich eine Erfahrung, die weniger kathartische als vielmehr überfordernde Wirkung hatte.
Nach zwei Stücken war für mich Schluss. Nicht aus Prinzip, sondern weil mein Körper auf Durchzug schaltete.

Besetzung:
Manu Mahie – drums
Arjen Verswijvelt – guitar
Victor Goemaere – guitar
Filip Brans – bass
Michiel De Naegel – vocals


Amenra


Als Amenra die Bühne betraten, war das Den Atelier zum Bersten gefüllt. Projektionen waren wegen der niedrigen Bühne nur im vorderen Teil der Halle zu sehen. Doch selbst dort blieb der visuelle Aspekt des Konzertes etwas auf der Strecke, da die geringe Hallenhöhe die Größe der Bilder einschränkte. So musste man an diesem Abend auf einen wichtigen Bestandteil der Messe verzichten.
Direkt der Einstieg hatte es in sich: ‚Salve Mater‘, ein neues Stück von „WithFang And Claw“, entlud sich wie ein Sturm aus Wut, Schmerz und unter Schreien begrabener Verletzlichkeit. Bereits hier wurde jedoch deutlich, dass der Klang nicht optimal war. Es zeichnete sich ab, dass es anstrengend werden würde, der fordernden Musik von Amenra zu folgen.
Mit ‚Razoreater‘ ging es weiter – ein Track von „Mass III“, der mit schleppenden Rhythmen, fast akustisch anmutenden Passagen und gehauchtem Gesang begann. Die Dynamik war beeindruckend: ein starker Aufbau, eine dichte Atmosphäre, bis schließlich sägende Riffs und frontal ins Publikum geschleuderte Screams die Intensität explodieren ließen. Auffällig: Amenra wirkten ungewöhnlich nahbar, denn Colin stand vermehrt mit dem Gesicht zur Menge – etwas, das man selten von ihm sieht.

Es folgte ‚De Dodenakker‘ – ebenfalls von „Mass III“. Über zehn Minuten lang nichts als pure Katharsis. Ein grandioses Stück.
‚De Evenmens‘, das vielleicht stärkste Stück vom letzten Album „De Doorn“, entfaltete sich als heavy Gewitter mit doomigen Anleihen. Besonders eindrucksvoll waren hier die schleppenden Passagen mit ihrem fast tranceartigen Sprechgesang. In den leisen Momenten lag eine unheimliche Schönheit – gezupfte Gitarren, ein Schlagzeug, das wie mit Jazzbesen klang. Die Atmosphäre erinnerte in ihrer Intensität an Anne Clark oder Alex Henry Foster. Und als das Stück wieder lauter wurde, blieben die Clean Vocals bestehen.
Mit ‚Heden‘ gab es eine weitere Premiere: ein neues Stück von der EP „De Toorn“. Es wirkte wie ein Ritual – anfangs überraschend zart – so viel Zerbrechlichkeit hatte ich bei Amenra noch nie erlebt. Die Worte wurden zunächst rezitiert, gingen dann in Sprechgesang über, bevor sie am Ende in einem vollen Post-Metal-Gewitter mündeten, mit Screams, die tief aus der Seele zu kommen schienen. Ein ganz besonderes Erlebnis!

Als schließlich ‚A Solitary Reign‘ von „Mass IV“ erklang, wurde mir alles zu viel. Das Dröhnen, die schlechte Sicht, das dichte Gedränge – ich flüchtete in den Vorraum. Von dort sah man kaum weniger als vom hinteren Teil der Halle aus, doch der erdrückende Bass blieb aus. Die Musik erreichte mich nun wie durch einen Schleier – entfernt, aber nicht weniger intensiv.
Die Uraufführung von ‚Forlorn‘ lockte mich noch einmal in den Saal zurück, doch bei ‚Terziele‘ lauschte ich wieder aus der Ferne. Bei ‚Am Kreuz‘ konnte ich hören, wie Amy Tung Barrysmith Colin H. van Eeckhout stimmgewaltig unterstützte. Ein echter Zugewinn für die Band, doch sehen konnte ich davon leider kaum etwas.

Und dennoch bereute ich keinen Moment, den Saal verlassen zu haben. Denn gerade beim abschließenden ‚Diaken‘ wurde das andächtige Lauschen mit geschlossenen Augen – in reizfreier Umgebung – zu einem ganz besonderen Erlebnis.

Amenra Setlist Den Atelier, Luxembourg, Luxembourg, EU Tour 2025

Besetzung:
Lennart Bossu
Bjorn Lebon
Mathieu Vandekerckhove
Amy Tung Barrysmith
Colin H. van Eeckhout


Fotos: Prog in Focus


Amenra, 22.03.25, Lëtzebuerg (LU), Den Atelier
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Rezensionen:
„De Toorn / With Fang And Claw“ (2025)
„Skunk“ (Original Motion Picture Soundtrack) (2024)
Amenra • Cave In • Marissa Nadler – „Songs Of Townes Van Zandt Vol. III“ (2022)
„De Doorn“ (2021)
„Mass VI“ (2017)
Liveberichte:
08.09.23, Balve, Balver Höhle, Prophecy Fest 2023
19.05.23, Gent (BE), Viernulvier, Dunk!Festival 2023
11.04.23, Villerupt (FR), L’Arche
06.04.22, Köln, Essigfabrik
04.04.22, Esch-Uelzecht (LU), Rockhal Club

Youff, 22.03.25, Lëtzebuerg (LU), Den Atelier
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Venue: Den Atelier