Rick Wakeman & The English Rock Ensemble – A Gallery of the Imagination

Rick Wakeman & The English Rock Ensemble – A Gallery of the Imagination (Madfish, 24.02.2023) COVER(53:57, CD, Vinyl, Box-Set, digital; Madfish, 24.02.2023)
Keyboard-Legende Rick Wakeman muss sicherlich nicht groß vorgestellt werden, sein Anteil an der Yes-Historie ist hinlänglich bekannt und ebenso, dass bei der vermutlich dreistelligen Zahl an eigenen Veröffentlichungen nicht nur Perlen dabei waren. Im Gegenteil, im Zweifel legt man am ehesten noch die alten Klassiker von “The Six Wives of Henry VIII” bis “The Myths and Legends of King Arthur and the Knights of the Round Table” noch mal auf, die weiteren Alben erfuhren teils deutlich weniger Aufmerksamkeit, was sicherlich auch seine Gründe hatte. Auf das König-Artus-Album folgte mit “No Earthly Connection“ das erste Album, das unter dem Namen Rick Wakeman & The English Rock Ensemble veröffentlicht wurde. Mit dieser Begleitband, später auch “New English Rock Ensemble” genannt, gab es einige weitere Veröffentlichungen. Dazu unzählige Alben aus den Bereichen Filmmusik, New Age, reine Klavieralben, Remakes, Tribute Alben und immer wieder mal Versuche, zum Progressive Rock zurückzukehren, wie beispielsweise auf den “Retro”-Alben, die eigentlich als Quadrologie geplant waren, bisher aber lediglich zwei Ausgaben erbrachten. Oder zuletzt auch auf “The Red Planet”. Nun also ein neues Werk mit dem E.R.E., ein Konzeptalbum sogar – da darf man also ein bisschen neugierig sein, auch wenn die Erwartungshaltung schon längst nicht mehr so hoch gesetzt ist wie in den frühen Jahren.

Der Grundgedanke hinter dem Album geht zurück auf eine Aussage seiner Klavierlehrerin Mrs. Symes (wer mit dem umfangreichen Output Wakemans vertraut ist, dem wird dieser Name sicherlich bereits irgendwo begegnet sein). Sie behauptete nämlich, dass Klavierspielen mit dem Malen von Bildern vergleichbar sei. Dies griff er auf und präsentiert hier sozusagen zwölf Bilder. Davon zwei reine Klavierstücke, acht Gesangsstücke und zwei Band-Kompositionen. Dass die Band nicht mehr so aussieht wie zu Zeiten von “No Earthly Connection”, dürfte klar sein. Mittlerweile ist auch der langjährige Wegbegleiter Tony Fernandez am Schlagzeug nicht mehr dabei. Die aktuelle Besetzung sieht wie folgt aus:

Rick Wakeman – keyboards
Hayley Sanderson – vocals
Dave Colquhoun – guitars
Lee Pomeroy – bass
Ash Soan – drums.

Wer an dem benutzten Equipment interessiert ist, kann dies zu allen Beteiligten im Booklet nachlesen, beim Chef sind dies: Korg, Roland, Hammond, Memotron, Mini Moog, The Sledge, IK Multimedia, selected samples.

Nach dem ersten Durchlauf stellt sich Ernüchterung ein, das klingt irgendwie belanglos, und auch weitere Durchgänge säuseln leider am Rezensenten-Ohr vorbei. Woran mag es liegen? Wakemans Spiel ist natürlich wieder standesgemäß, es gibt immer wieder Passagen, wo man sofort erkennt, wer hier der Urheber ist. Aber der Gesamteindruck ist leider der eines ausgesprochen betulichen Albums, den Zusatz mit dem Rock Ensemble hätte man sich schenken können, von “Rock” ist hier nichts zu hören. Wohl aber wieder typische Synthi-Soli wie beispielsweise auf ‘My Moonlight Dream’ oder ‘The Man in the Moon’, wo man an alte King-Arthur-Zeiten erinnert wird. Eine Art Jux-Titel, vergleichbar mit ‘Teakbois’ vom “Anderson-Bruford-Wakeman-Howe”-Album ist mit ‘Cuban Carnival’ auch vorhanden. Sängerin Hayley Sanderson war für die auf diesem Album präsentierte Musik wohl eine gute Wahl, lediglich auf ‘The Visitation’ haut es nicht sonderlich hin, denn was dort ein bisschen nach Kate Bush klingt (oder klingen soll), wirkt dann doch etwas gequält. Deutlich besser ist diesbezüglich beispielsweise beim bereits erwähnten ‘My Moonlight Dream’ gelungen, mit knapp sieben Minuten Spielzeit der längste (und vielleicht auch beste) Titel des Albums. Die Piano-Nummern sind schön anzuhören, doch Einiges verschwindet in einer gewissen Belanglosigkeit – beispielsweise ein Song wie ‘A Day Spent on the Pier’, der wie ein Kinderlied klingt. Fazit: in der riesigen Menge an Veröffentlichungen aus dem Hause Wakeman wird dieses Album vermutlich für wenig Furore sorgen. Schade.

Das Album gibt es übrigens in verschiedenen Formaten (jeweils auch als signierte Version): Jewel Case CD, Digipak CD+DVD (DVD mit Surround Sound, High Res Audio und Video), schwarzes Vinyl, farbiges Vinyl und als signierte Gallery Super Deluxe Box Set (mit CD, DVD, 180g schwarzes Vinyl, 24-Seiten Buch).

Noch eine Bemerkung in eigener Sache: ich bin in den Siebzigern mit Yes, Genesis, Gentle Giant, King Crimson etc. groß geworden, Yes waren viele Jahre die unumstößliche Nummer 1 und speziell Rick Wakeman war/ist mein persönlicher Held, auch wenn wahrlich nicht alle seine Solo-Alben Highlights waren. Ich durfte ihn bei einer von ihm veranstalteten Weihnachtsfeier persönlich kennenlernen und ihn als ausgesprochen humorvollen, netten, komplett allürenfreien Menschen erleben, dem man auch sehr gerne zuhört. Was ich ihm allerdings nicht durchgehen lassen kann, ist die Anpreisung eines bestimmten Yes-Produktes, nämlich diese unsägliche Union-Box, bestehend aus 30 Tonträgern in einem speziellen Koffer. Ich habe mir sofort ein Video aus der Box genommen und angesehen, da ich u.a. die Soli noch einmal sehen wollte. Doch schon beim Opener war das Entsetzen groß – was ist denn das für eine Bild- und Tonqualität?? Und dann das Solo von Trevor Rabin – man kann es sehen, jaja…. Und zwar sieht man ihn von hinten. VON HINTEN!!! Auf so eine Idee muss man erst mal kommen. Diese Aufnahmen in miserabler Handy-Qualität sind ein schlechter Scherz! Seitdem habe ich keinen weiteren Tonträger angepackt – wer weiß, vielleicht ist bei allen anderen ja die Qualität deutlich besser? Allein, ich glaube das nicht. Für mich ist diese (ehemals) schweineteure Box ein typischer Fall für ein “eBay – 1 Euro – keine Gebote” Produkt. Insofern seien diejenigen vorgewarnt, die einen Kauf in Erwägung ziehen, da der Preis mittlerweile deutlich runter gegangen ist und inzwischen sogar einzelne Bundles (zum Beispiel 9 CDs für 20 Pfund) verscherbelt werden. Warum wohl?!
Bewertung: 7/15 Punkten (FF 6; JM 7)


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Abbildungen: Rick Wakeman/Madfish