Neal Morse – Sola Gratia

(65:43, CD, Digital, InsideOut Music / Sony Music, 2020)
Neal Morse mag es gerne konzeptionell, etwas großspurig und überladen. Oder um ganz einfach mit den Worten des Künstlers zu sprechen “Ich glaube, ‘Sola Gratia’ ist so gut wie alles, was ich bisher gemacht habe”. Inhaltlich setzt “Sola Gratia” auf dem 2007er Werk “Sola Scriptura” auf, befasst sich inhaltlich mit dem Apostel Paulus in einem progmusikalischen Kontext, wobei die Idee bzw. Inspiration während einer Kreuzfahrt Anfang dieses Jahres in den Gewässern von Australien und Neuseeland entstand.

Wie gewohnt handelt es sich bei diesem Album um das nette Wortspiel “Mor(s)e Of The Same”, denn wo Neal Morse draufsteht, ist logischerweise auch jede Menge Neal Morse drin. Doch selbst wenn man eigentlich das bekommt, was man erwartet, selbst wenn Neal Morse erneut von den üblichen Verdächtigen, wie z.B. seinen langjährigen Prog-Buddies Randy George und Mike Portnoy (sowie Eric Gillette – Gitarre, Bill Hubauer – Keyboards, Gideon Klein – Streicharrangements) Unterstützung erfährt, so gibt es doch Unterschiede in den Details.

Denn wie bei jedem seiner Prog-Alben schwirrt die berechtigte Frage durch den Raum, wie die einzelnen stilistischen Parameter ausgerichtet wurden. Passte z.B. in den letzten Jahren bei den beiden epischen, gleich im Doppelformat umgesetzten Werken “The Similitude Of A Dream” und “The Great Adventure” der musikalische Inhalt, bot “Jesus Christ – The Exorcist” einfach zu viel Musical, zu viel Epos, zu wenig Gehalt. “Sola Gratia” liegt irgendwo dazwischen.

Zum Großteil tendiert das Material von “Sola Gratia” mehr Richtung Rock, verfällt sogar im extremsten Fall wie dem vorab veröffentlichten ‘Building A Wall’ zu recht flachem Stadion Rock. Die Highlights verstecken sich vor allem in den Überleitungen, wie dem verspielten Instrumental ‘Sola Intermezzo’ oder dem verschachtelten ‘Warmer Than The Sunshine’.

Weiterhin darf natürlich nicht ausladendes Balladen-Material mit dem gewissen Schmalzfaktor fehlen, wobei bei dem in diese Kategorie fallenden ‘Overflow’ nicht am Zuckerguss gespart wurde, das Endresultat passt trotzdem. Gerade zum Ende des Albums, bei den längeren Tracks wie ‘Never Change’ oder ‘Seemingless Sincere’ kriegt Morse dann doch noch die Kurve, beweist seine Songschreiberqualitäten und spart nicht mit dramatischem Sinfonic- / Retro-Prog-Bombast.

Die Qualität des rein virtuell aufgenommenen Albums stimmt, es baut trotz seiner 14 Titel vor allem auf epischen Bombast und rockige Power, doch wirkt Vieles hier einfach weniger ausgefeilt, mehr auf direkte Griffigkeit ausgerichtet. Das hat logischerweise ansprechendes Neal-Morse-Niveau, in seiner Gesamtheit wirkt “Sola Gratia” jedoch größtenteils solide, weit weniger mitreißend als man es von dem amerikanischen Künstler kennt.
Bewertung: 10/15 Punkten

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InsideOut Music
Konzertbericht 29.03.19, Köln, Kantine

Abbildungen: Neal Morse / InsideOut Music