That Joe Payne – By Name. By Nature.

That Joe Payne – By Name. By Nature. (unsigned, 7.8.20)(52:47, CD, Vinyl, Digital, Eigenproduktion, 2020)
DER Joe Payne? Der mitverantwortlich für ein Wiederaufflammen des Interesses an The Enid war? Ja, genau der. Man erinnere sich an das “Invicta” Album aus dem Jahr 2012 mit dem ziemlich speziellen ersten Gesangsstück ‚One And The Many‘, auf dem der Falsett-Gesang aufhorchen ließ. Dass er dies auch live umsetzen kann, durfte man zum Beispiel in Verviers auf einem damaligen Prog-Résiste-Festival erleben. Nach dem Konzert auf seinen Auftritt angesprochen, meinte Payne, dass er mit seiner Performance gar nicht so sehr zufrieden gewesen wäre, während unsereiner noch ziemlich beeindruckt war. Sehr selbstkritisch also, der junge Mann. Die damalige Besetzung hatte leider nicht allzu lange Bestand, und so kam es schließlich auch dazu, dass Payne schließlich die Band verließ.

Nach einer Pause entschloss er sich zu einer Solokarriere, die er jetzt auch zielstrebig angeht. So ist sein erstes Soloalbum eine Eigenproduktion geworden, die CD hat die Nummer TJPCD001. Da scheint ja in Zukunft noch so Einiges kommen zu sollen. Welche Art von Musik darf man nun von einem ehemaligen The-Enid-Musiker zu erwarten? Progressive Rock, orchestrale Arrangements? Nun, man wird Spuren von The Enid auch auf diesem Album entdecken, auch Progressive Rock ist ein Thema, aber da gibt es noch viel mehr. Er zeigt viele Facetten, was dazu führt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass auch mal etwas dabei ist, was dem Hörer gerade mal so gar nicht zusagt, recht hoch ist. Kurzum: bitte kein reines Prog-Album erwarten. “By Name. By Nature.” zeigt andererseits aber auch die Vielseitigkeit des Künstlers, der zusammen mit folgenden Musikern sein Debüt angeht:

That Joe Payne – lead vocals / choir / piano / strings and other programming
Max Read – bass / sampled vocals / choir / programming
Duncan McLaughlan – guitar / bass
Nicholas Willes – drums / bass
Lisa Martin – drums
Nikitas Kissonas – guitar
Ms. Amy Birks – vocals.

Mit Max Read, der auch als Produzent tätig ist, unterstützt ihn ein Wegbegleiter aus The Enid-Zeiten. Sein Beitrag zu diesem Album ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung, denn er sorgt mit einer Vielzahl von beigemischten Stimmen für ein wesentliches Merkmal dieses Albums, die Chorgesänge.

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Mehr Informationen

Dank ausführlicher Beschreibungen (meist als „Fun Fact“ deklariert) erfährt man zu den meisten Songs noch Hintergrundinformation. So zum Beispiel gleich für den Opener ‚The Thing About Me Is’. Dieser war nämlich zunächst gar nicht für das Album gedacht, sondern sollte als Intro für die zum Album geplante Tour dienen. Durch die Pandemie ergab sich eine neue Situation, die schließlich dazu führte, dass dieser Song nun das Album eröffnet. Lautmalerischer Gesang in den höchsten Tönen, synthetische Streicher und ein feines Gitarrenspiel, das Nikitas Kissonas beisteuert, und dazu dann noch ein paar Zeilen gesungener Text – ein sehr feiner Start ins Album. Hmmm… der Name des Gitarristen kommt irgendwie bekannt vor, und richtig, er ist hier auch schon vorgestellt worden, er ist nämlich unter dem Namen Methexis unterwegs. Und eine große Überraschung dürfte seine Teilnahme nicht sein, denn Payne hat auf dem “Suiciety” Album mitgewirkt. Es folgt der Titelsong, in dem Joe Payne dann auch über “That Joe Payne” singt. Teils mit Vocoder-Stimme, flottem Rhythmus und präsenten Keyboards entwickelt der Song schnell Ohrwurmqualität. Das gilt erst recht für das nachfolgende ‚Nice Boy‘, dessen Refrain sich schnell in die Hirnwindungen bohrt. ‚In My Head‘ beginnt mit düsterem Klavierspiel und weicher Stimme, auch hier kommt wieder The Enid-Stimmung auf, was nicht verwundern sollte, denn Ideen zu diesem Song hatte der Protagonist seinerzeit schon auf dem “Dust“ Album einbringen wollen, was allerdings dort letztendlich nicht umgesetzt wurde, so dass diese schöne Nummer erst jetzt zu hören ist.

Das mainstreamige ‚What Is The World Coming To‘ bezeichnet der Künstler als seinen “Coming out”-Song. Völlig weg vom Prog ist er auf ‘Love (Not The Same)‘, macht euch euer eigenes Bild. Hier wird er von Amy Birks unterstützt, die mal zufällig bei einem seiner Konzerte im Publikum saß und spontan auf die Bühne kam. Selbige ist übrigens 2019 vom Prog Magazine Reader’s Poll zur besten Sängerin des Jahres gekürt worden. Nach dieser kraftvollen Nummer wird es dann ruhiger und nachdenklich, denn in ‚I need a change‘ beschreibt der Sänger seine persönliche Situation aus 2016, als er in ein tiefes mentales Loch fiel, das Entscheidungen nötig machte. Entsprechend fällt das Lied dann auch stimmungstechnisch aus. ‚End Of The Tunnel‘ ist der letzte Song des regulären Albums und wurde von Payne schon vor vielen Jahren angedacht, doch erst jetzt wurde diese ruhige Nummer, hauptsächlich vom Klavier begleitet, endgültig umgesetzt.

Es folgen noch zwei Bonus-Stückes mit klassischem Hintergrund. Der erste (‚Music For A While‘) geht auf Henry Purcell zurück. Hier ist Payne am Spinett zu hören. Den Abschluss bildet dann ‚Moonlit Love‘ mit Beethoven-Anteil. Ein interessantes Album.
Bewertung: 11/15 Punkten (JM 11, KR 11)

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Abbildungen: That Joe Payne