Max Schörghuber, Karakorum, zum Ende der Band

Im März erreichte uns und viele Prog-Fans im Land die überraschende und traurige Nachricht, dass sich die bayrische Progband Karakorum aufgelöst hat. Die fünf Jungs waren seit ihrer ersten Veröffentlichung quasi eine unserer “Hausbands”, mit der wir auch schnell persönlich in Kontakt kamen. Und so ließ sich Gitarrist Max Schörghuber auch gern zum Interview per Skype einladen und stand Betreuer Phil beim Feierabendbier Frage und Antwort zur Trennung der Band.

Max
Servus!

Phil
Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass wir das letzte Interview geführt haben! Dort haben wir – ebenfalls beim Feierabendbier – ja über ein geplantes neues Album gesprochen (Arbeitstitel “Synoptikum”) und über die vielen Pläne für die Zukunft Karakorums. Im Frühjahr kam dann die traurige und überraschende Nachricht, dass ihr euch aufgelöst habt. Was ist seit letztem Jahr passiert?

Max
Die Pläne für die Zukunft Karakorums waren schon existent. Der Axel (Hackner, Sänger und Keyboarder, Anm. d. Red.) war ja damals ein Jahr im Ausland und als er zurückkam, haben wir auf das angesprochene dritte Album hingearbeitet. Wir haben dann einen gemeinsamen Song geschrieben, aber bei dem Prozess ist uns allen schon klar geworden, dass wir den Anspruch, den wir an ein neues Album haben, zeitlich nicht umsetzen können. Wenn man sich unsere Veröffentlichungen anschaut, hat es ja doch immer sehr viel Zeit in Anspruch genommen, vor allem sehr viel Probe- und Songwriting-Zeit – weil wir unsere Songs immer zu fünft geschrieben haben.

Das ist einer von mehreren verschiedenen Faktoren. Drei von unserer Kombo haben sich auch musikalisch ein wenig anders orientiert, Richtung Bluegrass. Basti (Schlagzeuger Bastian Schuhbeck, Anm. d. Red.), unser “musical director”, das musikalische Gehirn der Band, studiert ja Schlagzeug und er hat die Vision bzw. den konkreten Plan, mit der Musik sein Geld zu verdienen. Das spielt mit Sicherheit auch da rein. Mit der Musik, die wir machen, braucht man ja keine großen Visionen zu haben, was Geld betrifft. Das war also für Basti ein Punkt, der immer im Raum stand. Und dann ist bei den Dreien viel Power in das neue Projekt geflossen, auch in der Zeit, in der Axel nicht da war. Trotzdem war uns Karakorum immer sehr wichtig. Ich glaube, der springende Punkt bei dem Ganzen ist, dass wir irgendwann realisiert haben, dass die Zeit, die wir brauchen, um es so aufrecht zu erhalten wie wir wollen – oder der Anspruch an uns selber – nicht einhalten bzw. umsetzen können. Der Entschluss ist dann in Axel und mir schon länger gereift und dann hat’s ein sehr emotionales, aber auch sehr befreiendes Gespräch gegeben und wir haben uns dann in kompletter Freundschaft getrennt. Das ist für mich mit das Wichtigste. Und es ist noch nicht aller Tage Abend! Das letzte Kapitel muss bei Karakorum nicht geschrieben worden sein. Es liegt bei jedem von uns im Moment der Fokus auf anderen Bereichen des Lebens. Drei von uns haben sich musikalisch anders orientiert, Axel und ich sind weiterhin sehr enge Freunde und machen auch weiterhin Musik und sind aktuell auf Personalsuche, wollen aber auch nichts überstürzen.

Wir hatten das geplante dritte Album “SYNOPTIKUM” angesprochen. Ein Track dafür wurde also schon geschrieben? Wie weit wart ihr mit dem Album?

Das war der Working Title für das nächste Album und der Titletrack existiert schon. Auf YouTube gibt es eine rohe Live-Version. Und das war mir auch ganz wichtig: Der Auftritt war einen Tag vor’m Lockdown. Und da haben wir das erste und auch zum letzten Mal diesen Song gespielt. Mit zwei Bässen statt zwei Gitarren. Es ist schön, dass wir alles, was wir Kreatives gemacht haben, verfügbar haben. Unser Gesamtwerk ist auf irgendeine Art und Weise verfügbar.

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Das heißt, ihr könnt eure Archiv-Aufnahmen in der Zukunft veröffentlichen 😉

So viel ist das nicht. Wenn man es zusammenrechnet, gibt es pro Jahr der Bandexistenz einen Song.

Ich merke, dass es dir schwer fällt, über die Band bzw. die Trennung zu sprechen, trotz einstimmigem Entschluss, sich zu trennen.

Tut es auch, aber es war die richtige Entscheidung! Aber klar, wir alle knacken emotional noch sehr daran. Wenn man zu fünft etwas Komplexes und Verqueres macht und diesen Anspruch auch halten will, dann ist das schwierig. Durch die Freundschaft hat sich diese Band entwickelt. Wir hätten uns ja nie gedacht, dass das, was wir kreiert haben, so einen Anklang findet. Dass du bei uns auf dem Land fünf Leute findest, die so eine Musik machen wollen und auch noch die passenden Instrumente spielen, das grenzt ja an ein Wunder! Jeden Freitag um 17 Uhr war Karakorum-Probe – Ende offen. Daher fällt uns allen das natürlich nicht leicht.

Wie viel Zeit lag zwischen der Entscheidung und den letzten Gigs?

Das letzte Konzert war definitiv nicht als letztes Konzert geplant. Das war in der Rockbühne Blackbox Burgkirchen. Super Location, super Mischer. Einen Tag vor dem Lockdown. Ich bin nicht traurig, dass es das letzte Konzert war. Es stand kurz im Raum, ob wir eine Art Abschied aufziehen, aber ich wollte das nicht.

Wenn der Lockdown nicht gewesen wäre, hättet ihr noch irgendwo gespielt?

Wir hätten noch ein paar Gigs gehabt. Unter anderem – und das bereue ich – hätten wir in Berlin auf dem Hintertreffen-Festival zusammen mit Elephant9 gespielt. Natürlich nicht auf einer Bühne, aber wir hätten mit ihnen auf einem Flyer gestanden. Ich wäre auch wegen den anderen Bands hingefahren, aber dann selbst da zu spielen, wäre geil gewesen. Die Planung stand schon und dann ist alles abgesagt worden. Aber so fiel es uns leichter, einen Schlussstrich zu ziehen. Unser letzter Gig wäre im Herbst gewesen. Und wir hätten sogar einen nächstes Jahr im Januar gehabt, aber den habe ich schon nicht mehr angenommen. Aber wir haben’s Herzberg mitgenommen!

Einer eurer besten Gigs?

Wenn man jetzt eine Top Five der besten Gigs zusammenstellen müsste… Für mich persönlich war der beste Gig auf alle Fälle in Nürnberg im Z Bau. Extrem gut, total entspannt, gute Atmosphäre. Dicht gefolgt von Herzberg. Und als drittes ist eigentlich der Deep Elem Ballroom zu nennen, bei uns in der Gegend. Wir haben eigentlich jedes Jahr da gespielt und die Leute und Atmosphäre waren immer super. Es war wie ein Homecoming. Die ersten beiden würden die anderen Jungs sicher auch so sehen, vielleicht die Reihenfolge tauschen. Unser vorletzter Gig war in München im Kafe Kult mit Karaba aus dem Embryo-Dunstkreis. Mit denen haben wir öfter gespielt, das hat immer tierisch Spaß gemacht. Und ich muss noch eine Location erwähnen, sonst kriege ich richtig Ärger: Die Asta Kneipe in Rosenheim.

Ich habe das Gefühl, ich notiere ein Testament.

Ist ja auch so!

Du erwähntest am Anfang eure individuellen musikalischen Projekte. Erzähl mir ein wenig davon.

Bernie (Gitarrist Bernhard Huber, Anm. d. Red.), Basti und Joni (Bassist Jonas Kollenda, Anm. d. Red.) haben wie gesagt eine Bluegrass Band gegründet. Unser Schlagzeuger Basti spielt da Banjo, er ist ja Multiinstrumentalist. Die Band heißt Johnny & The Yooahoos. Die sind extrem professionell unterwegs. Der wirtschaftliche Faktor ist bei denen nicht außer Acht zu lassen und dementsprechend professionell ist das betrieben.

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Was machen Axel und du zusammen? Ihr würdet beispielsweise nicht Karakorum mit anderen weiterführen?

Auf gar keinen Fall! Da ist die Freundschaft zum Rest der Band und das ist nicht zu ersetzen. Egal, wen man sich da jetzt holt, das ist nicht zu ersetzen. Dann lieber ein Cut und Axel und ich machen anderweitig weiter. Wir werden auch sicher keinen straighten Bluesrock spielen, natürlich tendieren wir musikalisch in eine bestimmte Richtung. Die ersten Songwriting-Versuche gingen jetzt in Richtung Passport. Aber es hängt ja auch davon ab, wer noch dazu kommt und was dann für Einflüsse da rein kommen. Diktator-Bands mag ich nicht. Obwohl dort der Songwriting-Prozess schneller ist und Personalwechsel nicht so ins Gewicht fallen. Axel und ich reisen ja viel und gern, vielleicht machen wir, wenn es möglich ist, eine Reise, das ist immer inspirierend.

Ihr könnt ja als Keyboarder und Gitarrist auch zu zweit schon etwas auf die Beine stellen?

Schwierig. Das ist nicht unsere Art, Songs zu schreiben. Mit Synthie und Gitarre können wir den Sockel – da geht es hin – und die Vocals setzen, aber mit Drums ist es einfacher.

Machst du auch noch mit anderen Leuten Musik?

Ich habe ein Projekt, das existiert schon länger, aber jetzt liegt der Fokus darauf. Es ist ein Stoner-Projekt, wobei: Stoner ist auch ein Einfluss, aber wir machen eher doomigen Spacerock mit progressiven Arrangements. Wir proben jetzt auf die erste EP, die nehmen wir im Juli auf.

Oh, interessant! Habt ihr einen Namen?

Es stehen noch mehrere zur Auswahl, ein wenig Zeit haben wir ja noch. Aber es läuft gut! Die erste Probe nach dem Lockdown war von 18 Uhr abends bis 7 Uhr morgens.

Erzähl mir ein wenig mehr über das Projekt!

Wir sind zu viert. Zwei der vierköpfigen Band kommen aus dem Metal-Bereich, ich war ja eher Floydig unterwegs bzw. gehe ja eher in die jazzige Richtung. Die Besetzung ist zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug. Ich singe alleine. Wir haben mal einen Gig gespielt und ich habe mich selten so nass gemacht vor einem Auftritt. Wenn du plötzlich alleine vor einem Mikro stehst und relativ heftige Gesangsparts hast. Bei Karakorum haben wir zu fünft gesungen, mehrstimmiger Gesang. Aber wenn du dann alleine da stehst, ist es etwas ganz anderes. Aber es macht total Spaß mit denen. Ich lasse mich da gern mitreißen. Dadurch, dass ich da in die Arrangements mit einbezogen bin, sind wir von der Laufzeit der Songs auch manchmal im zweistelligen Bereich. Man kann schöne Parts nicht lang genug laufen lassen!

Ich bin sehr gespannt, die EP zu hören! Irgendwelche letzten Worte für das Karakorum-Testament? Du kannst jetzt alles sagen, was immer mal gesagt werden sollte!

An der Stelle möchte ich mich bei ein paar Leuten bedanken, das ist mir wichtig: Der Dirk Raupach von Tonzonen, dass er uns damals die Chance gegeben hat und uns auf sein Label genommen hat. Günther Schuhbeck, der die Alben mit uns aufgenommen hat und unseren Wahnsinn ein ganzes Wochenende ertragen hat. Matthias Hoffmann, unser Mischer. Und Lisa Schuhbeck, die uns die Bandfotos gemacht hat. Die waren über die Jahre ein massiver Teil des Kreativprozesses. Danke!

Abbildungen: Karakorum
Mit freundlicher Genehmigung

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