Frank Zappa – The Mothers 1970

Frank Zappa - The Mothers 1970 (2020)(63:07 + 63:33 + 68:27 + 74:07, 4 CDs, Zappa Family Trust, 2020)
In den unterschiedlichen Bandbesetzungen, die Frank Zappa um sich scharte, nimmt seine Begleitband der Jahre 1970-71 eine zwiespältige Rolle ein bzw. steht diese eindeutig im Schatten der nachfolgenden, allseits hoch geschätzten “Roxy & Elsewhere” Besetzung. Nach dem Ende der Original Mothers Of Invention, widmete sich Frank Zappa im Jahr 1969 mit dem Album “Hot Rats” vermehrt dem Jazz Rock, um anschließend “The Mothers” (ohne den Anhang “Of Invention”) neu zu reformieren.

Bestehend aus George Duke (Piano, Keyboards, Posaune), Ian Underwood (Orgel, Keyboards, Gitarre), Jeff Simmons (Bass, Gesang), Aynsley Dunbar (Schlagzeg), sowie den beiden Ex-The Turtles (“Happy Together”) Sängern Mark Volman und Howard Kaylan, die sich aus vertragsrechtlichen Streitereien mit ihrer ehemaligen Plattenfirma fortan Flo & Eddie nannten, war hier die musikalische Grundidee wesentlich songorientierter, gesangslastiger, sowie von abstrusen Comedy Elementen geprägt. Dies kulminierte 1971 letztendlich im humoristischen Filmprojekt “200 Motels”, wobei zu jenem Zeitpunkt einmal mehr sich das Line-up verändert hatte.

Die Box “The Mothers 1970” widmet sich nun zum 50-jährigen Jubiläum der lediglich rund siebenmonatigen Phase der zuvor erwähnten Bandbesetzung und spannt einen Bogen zwischen unveröffentlichten Studioaufnahmen und diversen Livemitschnitten. Im Gegensatz zur “Hot Rats”-Box mit ihren zu vielen Takes und viel Füllmaterial, ist diese Box mehr “Back To The Roots”. Alles ist eine Spur kleiner: die Pappbox mit informativen Booklet und erklärenden Liner-Notes, ein kleiner Anstecker als Fanutensil, sowie vier CDs zu einem vernünftigen Preis.

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CD 1 beinhaltet unveröffentlichte Sessions aus dem Trident Studios in London, bei der als Toningenieur Roy Thomas Baker (u.a. Queen, Hawkwind, Alice Cooper) an den Reglern saß. Lediglich ‘Sharleena’ wurde zeitnah für ein Studioalbum verwendet, ‘Wonderful Wino’ (gleich 3x zu hören) und ‘Envelopes’ griff man erst viele Jahre später in veränderter Form wieder auf. Ansonsten gibt es hier eine weitgehend instrumentale Mixtur aus Rocktheater und Jazz Rock in typisch zappaesker Ausprägung, wobei zum Teil komplett fertige Songs mit Gesang vertreten sind, aber eben auch abstrakte, durchaus spannende Improvisationen auf Struktursuche mit längeren Soloparts. Weitere Aufnahmen dieser Besetzung mit z.B. den Basic Tracks von “Chunga’s Revenge” (1970) waren leider nicht mehr auffindbar.

Besonders auf der Bühne wurde in dieser Besetzung einiges an schrägen Humor geboten. Jedoch wird dabei gerne vergessen, dass man daneben über hervorragende Instrumentalisten verfügte, die sich ebenfalls bei Tracks wie ‘King Kong’ bestens in Szene setzten. Dennoch ist es gerade diese konträre Verbindung an stilistischen Elementen, die mitunter einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt, was jedoch letztendlich Geschmackssache ist. CD 2-4 enthalten nun “Live Highlights” von verschiedenen Auftritten des Jahres 1970, sowie persönliche Aufnahmen von Frank Zappa mit kurzen Anekdoten und Erlebnissen, die rund um die Band passierten.

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Bisher gab es von den Konzertaktivitäten des Jahres 1970 außer einem Mitschnitt aus Minneapolis auf “Road Tapes Venue #3” lediglich diverse Bootlegs, wobei die wohl bekanntesten Aufnahmen von einem Fernsehmitschnitt aus dem holländischen Uddel stammen. CD 2 enthält nun die erste offizielle Veröffentlichung, die vom Mastertape stammt. Laut Aufkleber auf der Box handelt es sich um “historische” Liveaufnahmen, was klanglich bedeutet, dass hier nicht alles in High-End Qualität vorhanden ist. Teilweise ist der Gesang übersteuert – man hatte mit Geschwindigkeitsschwankungen auf den Originaltapes zu kämpfen – zum Teil wurden Aufnahmen verwendet, bei denen die Mikros innerhalb vom Publikum standen. Dennoch ist der “historische” Sound den Bootlegs deutlich überlegen und nach Aufbereitung des klanglichen Nachlassverwalters Joe Travers aka Vaultmeister zum Großteil gut bis ordentlich anzuhören.

Logischerweise sind ebenfalls einige Titel mehrfach vertreten, aber eben auch frühe The Mothers Of Invention-Songs, die es bisher noch nicht von der 1970er-Besetzung zu hören gab, wie z.B. ‘Trouble Every Day’ von “Freak Out” (1966). Hinzu kommen noch ein paar unveröffentlichte Tracks, spontane Interaktionen im Livekontext und natürlich die gehörigen Portion parodistischer Humor.

Wiederum eine Box, die definitiv nicht für den “Normalhörer” gedacht ist, sondern vor allem dem Fan einen zappesken Rückblick ins Jahr 1970 bietet.
Bewertung: 11/15 Punkten (KR 11, KS 11)

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Abbildungen: Zappa Family Trust