Interview


(Progressive Newsletter Nr.25 05/99)
Ausschnitte aus einem Interview mit Vio de Galagóczy (Gesang) und Uli Steurer (Schlagzeug)


Woher kam die Idee, sich nach über 10 Jahren wieder zusammenzufinden?

Die Idee, Sammelsurium wieder aufleben zu lassen kam lustigerweise von allen fast gleichzeitig. Unsere Sängerin Vio hat dies im Mittelteil der „Trilogie“ beschrieben. Beruflich hatte es alle zufällig wieder nach Lahr verschlagen, die Erinnerung an alte Erfolge und das Bedürfnis, wieder diese verrückte, bunte Musik zu machen gaben schließlich den Ausschlag zu einer ersten Session, danach waren wir nicht mehr zu bremsen!


Wo würdest Du heute Sammelsurium musikalisch einordnen?

Wir haben lange gerätselt, wie man unsere Musik mit wenigen Worten beschrieben könnte, und haben uns auf Art Rock geeinigt. Unsere Songs sind meistens lang und durcharrangiert, wir verwenden verschiedene Stilrichtungen gleichzeitig, wir benutzen neben der üblichen Besetzung auch klassische und außereuropäische Instrumente, wir geben der Improvisation viel Raum und machen Klangexperimente...Wie würdest Du das nennen?


„Palam“ zeichnet sich vor allem durch weitausladende, epische Titel aus. Steht deshalb bei Sammelsurium mehr die Atmosphäre und Songentwicklung im Vordergrund, als nur schnell konsumierbare 3-Minuten Kost zu schreiben?

Unbedingt. Unsere Themen sind großflächig angelegt, sie brauchen Zeit, sich zu entwickeln. Meistens sind unsere Stücke auf mehrere Themen aufgebaut, die sich abwechseln, die ineinander übergehen oder sich überlagern. Auch den Improvisationen geben wir viel Raum, und die vielseitigen Texte beanspruchen gebührend Platz. Wir wollen unserer Musik sozusagen freien Lauf lassen. Uns ist die Grundstimmung der einzelnen Songs sehr wichtig. „Gnom“ handelt z.B. von Tolkiens „Herr der Ringe“, und der Text beschreibt eine Figur daraus: den springlebendigen, zauberhaften Tom Bombadil, der Frodo und seinen Freunden aus der Patsche hilft. Das Thema ist ebenso sprunghaft und kraftvoll angelegt wie die Figur, um die es geht. Im Mittelteil entsteht ein improvisiertes Trio, welches den „Gnom“ näher charakterisiert, die strahlende Gitarre am Schluß steht für Frodos Sieg über die Macht des Zauberrings. „Don’t go away“ beschreibt mit seinem chaotischen Improvisationsteil den Trennungsschmerz sehr drastisch, der in den Strophen besungen wird. Zuerst dachten wir, das können wir unseren Zuhörern nicht zumuten, dieses wilde Durcheinander mit all den schrägen Tönen. Aber dazu ist die Musik ja da, Stimmungen in Töne zu fassen und sie dadurch zu intensivieren. Das Leben ist eben nun mal nicht immer schön, und warum soll man das nicht genauso auch ausdrücken? Diese Dinge sind nur schwer in 3 Minuten zu entwickeln, deshalb ist unser allerkürzester Titel auch fast 6 Minuten lang.


Sind die Songs von „Palam“ erst in letzter Zeit entstanden oder befindet sich darauf auch noch Material aus den 80ern bzw. 70ern?

Alle Songs auf „Palam“ wurden 1996/97 komponiert. Manche alten Themen habe wir ausgegraben und wiederverwendet, so z.B. das erste Thema von „Gnom“, Teile von „Palam“ und das schöne Englischhorn-Thema, die als Instrumentalstücke schon 1985 aufgeführt wurden. Wir alle haben uns natürlich seit den 70er Jahren musikalisch verändert und versuchen einerseits unsere Erfahrungen in neuen Songs auszudrücken. Andererseits sitzen wir auf einer Kiste voller Material aus den 70ern und wollen unsere Roots schließlich nicht verleugnen. Das bedeutet, daß wir für neue Songs ab und zu auf alte Themen zurückgreifen werden, ohne die Musik von früher kopieren zu wollen, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Ansonsten arbeiten wir an vielen neuen Ideen und haben etliche neue Songs bereits uraufgeführt.


Spielt ihr auf Euren Konzerten ausschließlich eigenes Material oder bedient ihr Euch auch bei anderen Bands und wann seit ihr wieder mal live zu sehen?

Unsere Gigs bestreiten wir mit ausschließlich eigenen Songs, spiele also keine Stücke nach. Bisher hatten wir nur wenige Auftritte, das liegt am mangelnden Bekanntheitsgrad und an der Finanzierung. Wir treten mit relativ großen Equipment auf, spielen also nicht in kleineren Kneipen, und das ist wie man weiß ein großer, jedoch auch teuerer Spaß. Wir haben einige Konzerte in Aussicht, allerdings stehen dafür noch keine konkreten Termine fest. Sobald wir Näheres wissen, geben wir Bescheid!


Kristian Selm © Progressive Newsletter 1999