Interview
(Progressive Newsletter Nr.57 11/06)
Ausschnitte eines Interviews mit Artur Silber (Schlagzeug)
Nach unserem Split '89 war das Thema vom Tisch. 6 Jahre Band-Geschichte mit allen dazu gehörigen ups und downs, etliche gigs, die uns recht beschleunigt "Kultstatus" verschafften (whatever it means...), viele Tage und Nächte im Studio und natürlich der Split-bedingte nicht zustande gekommene Deal mit Chrysalis: das hinterlässt Narben. Zwar gab es die ersten Reunion-Gedanken schon vor längerer Zeit. Ich selbst trommelte aber bereits bei der bayrisch-sprachigen Blues-Combo "Schorsch & de Bagasch" (Schorsch = auf Hochdeutsch Georg = der Georg, der in den 80ern alle unsere CP-Texte schrieb...) und wir waren am Produzieren des Albums "sekänd händ blues" (veröffentlicht bei Stormy Monday Records). Mir wäre das dann eigentlich zu viel geworden. Der Hauptgrund war aber sicher, dass wir keinen blassen Schimmer hatten, wo sich Heiko aufhält, zu dem wir seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr hatten. Und dann erstmal einen neuen Sänger suchen, der A) auf unser Zeug steht und B) passt , wäre mit der dann notwendigen "Einlernungsphase" und den unzähligen Proben doch ein gewaltiger Kraftakt geworden. Inzwischen sehe ich die ganze Reunion eher schicksalsbedingt, obgleich ich selbst der denkbar geerdetste Typ bin, den man sich vorstellen kann. "Schicksalsereignis" #1: Die Begegnung mit Yes und ein ausführliches Gespräch mit Rick Wakeman: Ich habe ja seinerzeit die DVD „YESSPEAK“ sehr erfolgreich promotet und war daher vom englischen Label „Classic Pictures“ zum gig in der Münchner Olympiahalle eingeladen, inkl. „meet & greet“ nach der Show. Also ging ich mit Jochen zum Konzert, wir genossen diesen entgegen früheren Zeiten nicht über-bombastisierten Auftritt und hatten extremes Vergnügen an dem fast 1stündigen Accoustic-Set. Bei unserem entspannten Plausch mit Rick konnte ich es mir nicht verkneifen, ihm zu sagen, dass ich ihm und der Band die Musik, wie soeben dargeboten, jetzt erst richtig abnehme. Vor 30 Jahren kam das Ganze trotz Gigantomanie nicht so überzeugend rüber. Man stelle sich vor: „Owner of a Lonley Heart“ mit Rick ganz lässig am Stutzflügel, Alan an einem Winz-Set und Steve, Chris und Jon mit akustischen 6- bzw. 4-Saitern. Um nicht zu weit auszuholen: Rick sagte spontan, aber sichtlich überrascht von meinem Statement: „That’s exact what the band feels“. Auf dem Weg zum Parkplatz fragte mich Jochen, ob wir „alten Säcke“ nicht auch wieder Lust auf eine Reanimierung von Central Park haben. Ein klares „Ja“ meinerseits und zwei weitere klare „Ja’s“ am nächsten Tag von Hans und York. Als wir dann doch in den sauren Apfel der Sängersuche beißen mussten kam es zum "Schicksalsereignis" #2: Genau zu dieser Zeit ruft Heiko aus seiner neuen Heimat Köln bei mir im DownTown an: „Wie geht’s, was gibt’s Neues? Ich komme in zwei Tagen nach München. Wollen wir uns sehen?“ Das Wiedersehen findet mit allen Gründungsmitgliedern im alten Proberaum, der immer noch existiert, statt. Verstärker, Hammond Orgel und die Gesangsanlage eingeschaltet und voilà: Die Power und die Magie sind sofort wieder da, Central Park ist wieder da!


Wie habt ihr entschieden, welche von euren Songs letztendlich auf dem Album landen sollten?
Die ersten fünf Titel der CD waren sowieso klar, da sie auf das geplante Vinyl-Album kommen sollten, mit "Don't Look Back" als komplette B-Seite. Auf CD kann man natürlich mehr packen und so gab es ein aufwändiges "Grübel & Studier" bzgl. aller weiteren noch existierenden Studio-Aufnahmen aus der Zeit '84 bis '89. Letztendlich haben wir uns für das Material entschieden, das wir auch live immer noch sehr gerne spielen und das natürlich auch von der Klangqualität o.k. war. Die einzige Ausnahme ist "Silent Garden". Ursprünglich wollten wir, bevor es die DVD-Idee gab, eine Bonus-CD mit alten Live-Mitschnitten dazu packen. Hierzu mussten wir die Live-Tapes der alten Konzerte aus allen möglichen Kisten ausgraben und durchhören. Der Song tauchte in dieser Phase auf, ich selbst konnte mich gar nicht mehr an ihn erinnern. Leider war der Mitschnitt nur noch in Fragmenten zu gebrauchen, also unbrauchbar für die CD. Als wir den Song aber nun nach beinahe 20 Jahren wieder das erste Mal hörten, erkannten wir aber sofort die Notwendigkeit, ihn quasi als „Statement 2006“ im Studio aufzunehmen. Daher bricht der Titel in keinster Weise musikalisch aus, sondern fügt sich – aus unserer Sicht – perfekt in den gesamten Spannungsbogen ein. Ich denke, dass es uns auch soundtechnisch gut gelungen ist, ihn den Originalmixes der alten Aufnahmen anzupassen. Also modernste Digital-Aufnahmetechnik mit analogem Flair. Ein Sieg der Emotionalität über die Rationalität...
Wer hatte die Idee für die DVD und wo habt ihr die alten TV Aufnahmen und Livemitschnitte aufgetrieben?
Die Idee hatte ich, als sich herausstellte, dass das mit der Bonus-Live-CD nicht 100%ig funktioniert. Mir war aber wichtig, die Vergangenheit der Band über die reine Studioproduktion hinaus irgendwie zu dokumentieren. Nach Durchsicht der alten VHS-Tapes war auch relativ schnell klar, was hiervon Verwendung finden sollte. Da mein Neffe zu dieser Zeit sich in London auf seinen "Master of Arts"-Abschluss an der London Film School vorbereitete, fragte ich ihn, ob er Lust hätte, den Zusammenschnitt zu machen. Gemeinsam entwickelten wir dann die Idee, einen aktuellen 2006-Konzertmitschnitt wenigstens teilweise als "Hier & Heute" Statement zusätzlich zu produzieren. Hierfür stellte er das Team zusammen und übernahm als mittlerweile erfahrener Kurzfilm-Regisseur dann selbst die Regie und Produktionsleitung. Das Ergebnis insgesamt wunderbar, selbst der Rolling Stone gab uns hierfür 3 Sterne in der DVD-Rubrik.

Was hat sich aus deiner Sicht im Vergleich zwischen den 80ern und heute in der Musikszene geändert?
Falls Du auf diese Frage ausführliche Antworten wünschst, musst Du die Seitenzahl des Magazins drastisch erhöhen... Um es kurz zu machen: Unterm Strich hat sich nicht so wahnsinnig viel geändert. Der große Umbruch fand ja in den 60ern statt, als viele Bands härter und rock-orientierter als die Beatles klingen wollten. In den 80ern gab es bereits viele Reißbrett-Projekte, also Musik, die von Produzenten geplant und gemacht wurde. Und die vielen Bands, die sich mit "ehrlicher" Musik dagegen durchsetzen möchten, tun sich natürlich schwer. Zum Glück gibt es aber national wie international noch genug davon, die erfolgreich gegen Casting-Shows etc. bestehen. Der große Unterschied liegt sicher in den Produktionsmöglichkeiten, die nun Vielen erlauben, ihr Glück in die eigene Hand zu nehmen und sich bis zu einem bestimmten Punkt selbst zu vermarkten.
Wie lief der Auftritt im Theatron in München und sind weitere Gigs in nächster Zukunft geplant?
Als Stimmungsbild: Wir wurden wirklich herzlich und begeistert in Empfang genommen. Schon vor dem Gig liefen mir jede Menge Menschen über den Weg, die mir bzw. der Band gratulierten, den Reunion-Schritt gewählt zu haben. Man glaubt gar nicht, wie viele sich an uns und die 80er erinnern. Mit so einem Basisgefühl geht man natürlich noch motivierter als ohnehin schon auf die Bühne. Zum gig: Der Flashback stellt sich unmittelbar ein, du denkst, der letzte große gig ist gerade mal fünf Wochen her. Interessanterweise schleichen sich auf der Bühne auch beschleunigt die kleinen charmanten Fehlerchen wie vor zwei Jahrzehnten ein. Und das gibt Dir dann erst recht das Gefühl, dass wir nie ausgesetzt haben. Dass dann auch noch ausgerechnet an diesem für uns besonderen Abend die alte Hammond Orgel schlapp macht und notdürftig an Ort und Stelle repariert werden muss und Hans seine Fender Stratocaster schrottet, weil er zu kräftig „hinlangt“, lässt uns dann nur noch grinsen, weil „Live ist eben live“. Unterm Strich aber ein wirklich gelungener Restart, der uns und dem Publikum wirklich Spaß gemacht hat. Die Menge der verkauften Alben bewies auch, dass uns viele sehr gerne in dieser Form nach Hause mitnehmen wollten. Zur Zukunft: Den Kraftakt mit intensiver Probenarbeit und der CD/DVD-Veröffentlichung haben wir natürlich nicht gemacht, um einmal auf die Bühne zu gehen. Wir möchten uns aber auf einzelne, gut ausgesuchte Konzerte konzentrieren. Willst Du was gelten, mach Dich selten...
Wie sieht es generell mit weiteren Plänen von Central Park aus? Wollt ihr auf jeden Fall weitermachen oder ist es mehr ein „Hobbyprojekt“ aus Spaß an der Freude?
Das Eine schließt das Andere ja nicht aus, will heißen: Dran bleiben, weitermachen und dabei Spaß haben und besonders den Menschen mittels Live-Gigs und dem Album Spaß bereiten. Außerdem finden wir es immer noch spannend mitzuhelfen, dass sich der musikalische Geschmack eines Volkes nicht über die Top 100 Single-Charts definiert. Bisher bekamen wir das (Medien-) Feedback, dass unsere Musik, so wie jetzt veröffentlicht, zeitlos ist. Und das ist das schönste Kompliment, das du als Musiker bekommen kannst. Wir fühlen uns jung und fit genug, um die Kiste jetzt mit zwei Jahrzehnten Verspätung richtig zu stemmen.
Kristian Selm © Progressive Newsletter 2006