CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Knifeworld - The unravelling
(45:20, InsideOut, 2014)

Selbst im Progbereich verfügt jedes Label über sein eigenes Profil, doch mit Knifeworld veröffentlichen InsideOut etwas wirklich Unerwartetes, das man so wohl am ehesten bei den italienischen Kollegen AltrOck oder beim amerikanischen Avantgarde Label Cuneiform erwartet hätte. Der englische Sänger / Gitarrist Kavus Torabi (u.a. bei den Cardiacs und Gong tätig) ist der Kopf hinter dieser 8-köpfigen Formation, die mit schwermütigen, sperrigen Tönen aufwartet, was mal mit nach kammermusikalischem Rock, Canterbury Versponnenheiten oder auch mit progressiv-psychedelischer Unbestimmtheit überrascht - eben sehr speziell und typisch britisch. Doch hat man sich in die Musik reingehört, die auch gerade gesanglich nicht unbedingt sofort ins Ohr geht und im Gegensatz zum Instrumentalen unspektakulär und bisweilen distanziert wirkt, so entfaltet sich ein spannungsintensives Konglomerat der etwas anderen Töne. Denn neben traditionellem Rockinstrumentarium gehören ebenso Saxophon, Fagott und Streicher zum festen Bestandteil des eigenwilligen Bandsounds. Doch die Unvorhersehbarkeit wird immer wieder von erstaunlich eingängigen Passagen durchbrochen, der Schulterschluss zwischen Musik aus nahezu fünf Jahrzehnten rockmusikalischer Experimentierfreudigkeit ist überraschend homogen, keineswegs altbacken ausgefallen. Der "normale" Hörer von InsideOut Veröffentlichungen wird hier an seine musikalischen Grenzen gebracht. Wer es sowieso unbequem und unkalkulierbar mag, der bekommt hier mehr als eine interessante Zwischenmahlzeit.

Kristian Selm



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