CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)
Kant Freud Kafka - No tengas miedo
(57:14, Privatpressung, 2013)
Wie kommt man nur auf die Idee, seine Band KantFreudKafka zu nennen?! Handelt es sich denn wenigstens um ein Trio? Nein, natürlich nicht. Hinter diesem Pseudonym steckt ein spanischer Musiker namens Javi Herrera. Er spielt Schlagzeug, Perkussionsinstrumente und Keyboards. Für einen überaus reichhaltigen Sound sorgt eine Vielzahl von Gastmusikern. Neben Gitarristen (hier ist speziell Pol Sanchez zu nennen) und Bassisten ist hier unbedingt der Einsatz von Geigen, Cello und diversen Blasinstrumenten wie Flöte, Klarinette, Oboe und Englischhorn zu nennen. Von der Ausrichtung her mag es an Karda Estra erinnern, doch Herreras Album bietet eine ganz eigene Atmosphäre. Das hat einen klassischen Ansatz, wirkt bisweilen etwas melancholisch. Das 12½-minütige "Dama" brilliert gerade beim Einsatz der Oboe mit geradezu betörender Schönheit, das hat fast schon was von Anthony Phillips. Aber auch wie im nachfolgenden Song Klavier und Cello miteinander harmonieren, das hat einen ganz eigenen Charme. Das Album hat zunächst überwiegend Unplugged Charakter, elektrische Gitarre oder Synthesizer sind nur dezent im Einsatz. Kaum sage ich es, gibt es einen typischen Neo Prog Part mit jubilierendem Synthesizer und begleitender E-Gitarre. Doch das ist nur eine kurze Anekdote, es folgt der übliche Klassikstil, dann heißt es wieder Piano plus Oboe plus Cello. Oha, ein kleines Mellotron kommt hinzu. Und heftige E-Gitarre - nanu, da geht ja die Post ab. Von wegen akustisches Album, da muss ich mich wohl korrigieren. Das ist richtig flotter Symphonic Prog. Wie man sieht, es gibt immer wieder mal überraschende Wendungen. So auch im abschließenden 10-Minüter "Hombre", in dem zunächst ein Piano und seichte Synthesizer Sounds in Kombination mit Flötentönen den Hörer in Sicherheit wiegen. Doch nach flottem Synthi-Zwischenspiel darf dann auch die Gitarre kräftig solieren, es wird sogar mal leicht schräg. Sehr gut gemacht, Herr Herrera.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2014