CD Kritik Progressive Newsletter Nr.7 (02/1996)

A Triggering Myth - Between cages
(51:39, Laser's Edge, 1995)

Da ich bekanntermaßen eine hohe Meinung von den Jazz Proggern Kenso habe, hat mir Kristian gleich diese Scheibe zum Beurteilen angedreht, da die Band auch in die Richtung geht. Dieses Pauschalurteil stimmt aber nicht ganz, denn die Gruppe verarbeitet viele Jazzeinflüsse, klingt aber doch anders als Kenso, obwohl beide Instrumentalalben sind. Zuerst schaut man sich das Cover an und wird den Gedanken nicht los, dass einem das irgendwie bekannt vorkommt. Nach etwas Hirnakrobatik fällt einem dann die Il Trono Dei Ricordi ein und beim Abgleichen der Credits stellt sich tatsächlich heraus, dass es derselbe Maler ist. Dann Silberling reingeschoben und beim ersten Lied "Habile" fängt es gleich recht jazzig an. Da werden von einer Melodie begleitete, kurze unzusammenhängende Akkorde reingehackt, was mit persönlich nicht besonders gefällt. Eben typisch Jazz. Aber schon nach einer Minute treibt das Lied in progressiver Gewässer hinüber. Eine nette Nummer mit Keyboards und ruhiger Gitarre entwickelt sich. Auch bei den folgenden Liedern wird klar, dass der Anfang der CD doch die Ausnahme ist. Alles ist war mit einem Jazz-Touch versehen, aber nicht so dominant, dass es unangenehm wäre. Da die Tracks meist ruhig gehalten sind, kann man auch keine wilden, abartigen Tonfolgen einsetzen, das würde gar nicht passen. Beim zweiten Song z.B. fließt das Lied von einem sparsamen Arrangement getragen langsam dahin. Hier, wie auch auf dem Rest des Albums, treten Keyboards und Gitarre meist gleichberechtigt auf, mit leichtem Vorsprung für die Tasten. Es gibt kaum ausgedehnte Soloeinlagen oder kreischende Gitarren. Alles klingt harmonisch, daher aber auch oft etwas zu glatt und kantenlos. Etwas mehr Abwechslung wäre ab und zu ganz gut gewesen, aber bei einer so kleinen Band ist das vielleicht schwieriger, als bei einer großen Gruppe. Das fünfte Lied "Midiots, vidiots and the digitally delays" kommt, wie um mich kurzfristig Lügen zu strafen, in Djam Karet Manier daher, mit andauernd wiederholtem Metallröhren Sound im Hintergrund und allgemein leicht avantgardistischen Touch. Das bleibt aber trotzdem die Ausnahme von der Regel bei diesem Zwei-Mann Projekt. Die Musiker Tim Drumheller und Rick Eddy, die das Ganze alleine auf die Beine gestellt haben, spielen die Keyboards und Gitarre. Für die Drums und Percussion wurden zwei Gastmusiker verpflichtet. Dass der Rhythmus handgemacht ist und nicht von der Maschine kommt, tut der Musik ganz gut. Wie schon vorher mal gesagt, versucht keiner der Musiker mit ausgedehnten Soli zu glänzen, von daher kann man nicht genau sagen, was die beiden in dieser Richtung drauf haben. Aber das, was man in den sechs Tracks, inklusive eines 20 Minuten Liedes, hört, ist zwar nicht total ausgeklügelt, aber handwerklich gut gemacht. Auch die Produktion ist sehr gut, wie fast immer bei Amis. Fazit also: eine ruhige jazz-beeinflusste Prog-Scheibe, die solide Arbeit ohne Kapriolen abliefert. Es dürfte eigentlich keinen Prog Liebhaber geben, der das zu komplex und anspruchsvoll finden dürfte. Wer sich also mal mit jazzigen Prog beschäftigen möchte, Kenso aber zu anspruchsvoll findet und auch viele langsame Passagen mag, der sollte hier mal reinhören.

El Supremo



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