CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)
The Red Paintings - The revolution is never coming
(75:05, Bird's Robe Records, 2013)
Anfang des Jahrtausends gründeten sich The Red Painting als orchestrale Art Rock Band in der australischen Provinz Victoria. Mittlerweile ist man zwar in Los Angeles heimisch, dennoch hat man in der kalifornischen Metropole keineswegs seine Eigenständigkeit aufgegeben. Das reicht von eigenartigen Kostümen (u.a. als Geisha oder Aliens), exzentrischem Bühnengehabe bis hin zu einer ausschweifenden Musik zwischen Art / Alternative Rock und Industrial / Folk / Klassik Einflüssen. Ihr aktuelles Album "The revolution is never coming" wurde mit Hilfe einer großen Fangemeinde über Crowdfunding finanziert und präsentiert sich einmal mehr als audiovisuelles Gesamtkunstwerk. Okay, auf den optischen Eindruck muss man beim Anhören der Musik natürlich verzichten. Doch wenn sich selbst Produzent Bryan Carlstrom, der schon mit Alice In Chains und Rob Zombie zusammenarbeitete, mit den Worten "In meiner ganzen 30-jährigen Karriere habe ich bisher kein so unterschiedliches, farbenfrohes und emotional dynamisches Album gemixt" äußert, dann bekommt man bereits eine Vorahnung, was für ein wuchtiges Werk einen hier erwartet. Und richtig: Bei The Red Paintings gehört eben nicht nur eine Geige zum festen Bestandteil des Bandsounds, sondern bei diesem Album gibt's als Zugabe noch ein 35-köpfiges Orchester mit Chor dazu. Doch auch ansonsten mag man es vor allem großspurig, überdreht und mit einer gehörigen "Over-the-top" Attitüde. Trotzdem findet sich zwischen Wucht und Übertreibung genügend zerbrechliche Sinnlichkeit. Die Wurzeln der Band sind zwar mehr im gitarrengetriebenen Alternative Rock, denn im typischen Art Rock zu finden, nichtsdestoweniger sorgen der cineastische Sound und die ständigen Dynamikwechsel für eine gewisse sinfonische Überladenheit, für eine Art Übertreibung, wie man sie eben auch aus dem Progbereich kennt. Die kompositorische Gratwanderung zwischen satter Vollbedienung und melancholischer Trägheit, wie auch die stilistische Offenheit dokumentiert sich ebenfalls durch Support Tätigkeiten für so unterschiedliche Bands wie The Pineapple Thief, The Dresden Dolls oder Mogwai. Dennoch sind The Red Paintings in einem ganz eigenen Mikrokosmos unterwegs. Alles in allem ein gelungener und faszinierender Blick über den progressiven Tellerrand.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013