CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)
Moonbooter - Zeitenwende
(71:58, MellowJet Records, 2013)
Bisher war mir das Label MellowJet Records tatsächlich entgangen. Ein grober Schnitzer für den Freund gepflegter elektronischer Musik, wie mir alle drei Alben, die mir für die aktuelle PNL-Ausgabe zur Rezension vorliegen, beweisen. Und Moonbooter ist nicht irgendein Artist auf dem in der Eifel ansässigen Label, sondern der Labelchef himself. Und um einen Newcomer handelt es sich nun auch nicht, denn die Zahl der Veröffentlichungen von Moonbooter liegt bereits im zweistelligen Bereich. Gut, dass ich diese Wissenslücke nun endlich geschlossen habe, denn Moonbooter liefert qualitativ hochwertige Arbeit ab, wie Zeitenwende belegt. Hinter dem Namen Moonbooter verbirgt sich Bernd Scholl. Und bevor ich jetzt anfange, von einem ganz alten Hasen der Elektronikszene zu reden... Falsch. Das ist zufällige Namensgleichheit, denn der Moonbooter-Scholl hat nichts mit dem Bernd Scholl zu tun, der schon in den 80ern Elektronik-Alben komponierte (und dies auch heute noch tut). Zum Album: insgesamt sind elf Titel vertreten, keiner überschreitet die 10-Minuten-Grenze. Man liegt mit der Vermutung, dass Moonbooter nicht einer derjenigen Elektronikmusiker ist, die auf endlos lange, hauptsächlich nur auf Atmosphäre ausgerichtete Klanglandschaften abzielen, zumindest auf diesem Album richtig. Moonbooter weiß sehr wohl, Atmosphären und Stimmungen zu erzeugen, bringt dies aber immer gut auf den Punkt und verliert sich nicht in Endlosschleifen. Außerdem - und das ist ein dicker Pluspunkt - spielt bei ihm der Faktor Melodie eine wichtige Rolle. Und er weiß geschickt zwischen schnell und langsam, ruhig und flott zu wechseln, das Album ist diesbezüglich perfekt austariert. Gutes Beispiel hierfür ist gleich der Opener 9-Zeit, der bedächtig beginnt und dann stetig an Fahrt aufnimmt. Auf einen sehr perkussiven, schmissigen Titel wie "Alles wird anders" (dem längsten Stück des Albums) folgt zum Beispiel das sehr ruhige, wunderbare "Schweben" (sehr passender Titel). Es darf auch mal wie eine Mischung aus Tangerine Dream und Jean Michel Jarre klingen ("Okzident"). Scholl ist offenbar ein Freund seltsamer Namensgebungen bzw. Schreibweisen, wie nicht nur der Opener zeigt (z.B. "Schnurstraks" oder "Endspannend"). Ein sehr schönes Album, das mich natürlich sehr neugierig macht, wie denn wohl die übrigen Werke von Moonbooter klingen. Empfehlung für den Freund von Elektronik-Musik, die ins Ohr geht.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2013