CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)
Iamthemorning - Iamthemorning
(50:51, Beste Unterhaltung, 2012)
Beruhigend und schön, wie sich in heutiger Zeit interessante Musik immer wieder eigene Wege sucht. Iamthemorning nennt sich diese neue Band aus St. Petersburg, die über das Umweg Internet inzwischen mit Beste Unterhaltung (besteunterhaltung.biz) ebenfalls einen deutschen Vertrieb für ihre spannende, neo-klassisch geprägte, trotzdem abseits jeglicher Genregrenzen angesiedelte Musik gefunden hat. Im Zentrum von Iamthemorning stehen Gleb Kolyadin (Piano, Keyboards) und Marjana Semkina (Gesang), die zusammen mit traditioneller Rockbegleitung Bass - Gitarre - Schlagzeug und klassischer Streicherbesetzung Cello - Violine - Viola einen fragilen, aber sehr kraftvollen und rhythmisch dynamischen Kunstrock voller Ausdruckskraft kreieren. Das kreative Duo verzichtet grundsätzlich auf irgendwelche osteuropäische Einflüsse, man hört dem Material zu keinem Moment an, woher es stammt. Einzig der leicht melancholische Unterton lässt einen Ursprung aus eher nordischen Gefilden vermuten. Das titellose Debüt zählt zwar 18 Titel, doch kurze Überleitungen, sowie eine harmonische Verwebung von einzelnen Bruchstücken und Nuancen lassen das Album wie ein kompaktes Ganzes erscheinen. Aggressive Dynamiksteigerungen und expressive Zwischenpassagen verleihen den neo-klassischen Passagen Schärfe und Ausdruckskraft, was aber nicht davon ablenkt, dass dieses Album seine Kraft vor allem von seiner sanften Schönheit und umschmeichelnden, immer sehr direkten Zerbrechlichkeit schöpft. Die Melodien verströmen sanften Pop Appeal ohne jegliche Belanglosigkeiten, der hohe, aber sehr feste Singstil von Merjana Semkina wirkt oft elfengleich, aber dennoch bestimmend. Das Dynamikspiel holt sich die Kraft mal aus kammermusikalischer Power, mal aus rockigem Groove. Wunderbar traurig-schöne Musik ohne jegliche Landes- und Stilgrenzen und damit eine absolute Empfehlung wert!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013