CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)
Il Giardino Onirico - Perigeo
(51:49, Lizard Records, 2013)
Il Giardino Onirico vereinen auf ihrem Debüt "Perigeo" ganz grob zwei progressive Spielarten, wie man sie in den letzten Jahren aus Italien kennt: nämlich Retro Prog und Prog Metal - alles jedoch in einer moderaten, nicht übertriebenen Dosis. Danben kommt noch recht viel cineastisches Flair (Goblin in der Spätphase lassen grüßen) und sphärische Ansätze hinzu, so dass die süditalienische Formation eben doch nicht so Klischee triefend musiziert, wie man das vielleicht zu Beginn und vor allem nach dem noch etwas ungestümen Start des Openers "B.S.D." erwarten durfte. Zudem wird bis auf einige Sprechpassagen und klassischen Gastgesang komplett auf Vokalarbeit verzichtet, so dass vor allem die instrumentale Power dominiert. Die fünf Songs, allesamt zwischen knapp 9 - 12 Minuten lang, schwanken zwischen herzhafter, zielgerichteter Wucht und stimmungsvollen, ätherischen Augenblicken. Bei voller Gitarrenbreite darf die Mähne geschüttelt werden oder die doppelte Keyboardvollbedienung lädt zum nachdenklichen Innehalten und entspannten Zuhören ein. Wenn man der Band dabei einen Vorwurf machen darf, ist es, dass man in manchen Augenblicken dann doch den Gesang vermisst, da solistisch nur selten ein Musiker in den Vordergrund tritt, sondern vielmehr der griffige Bandsound im Fokus steht. Wenn jedoch mal die Gitarre gefühlvoll zu einem Soloausflug aufbricht, dann ist die emotionale Schönheit noch offensichtlicher. Die Mischung aus "Film im Kopf" und aktueller Prog Heftigkeit darf somit als durchaus gelungen und albumtragend betrachtet werden. Hier wird nicht sinnlos losgepoltert, sondern harmonische, melodietrunkene Passagen und der nötige musikalische Tritt in den Hintern wurden ausgewogen in einen stimmigen Gesamtkontext verwoben.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013