CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)
Esthetic Pale - Shelter from the storm
(57:46, Privatpressung, 2013)
Ich bin gern ein wenig skeptisch, wenn Musiker ihr neuestes Werk für ihr Bestes erklären. Nur zu oft war mein Höreindruck ein anderer. Beim neuen Album von Esthetic Pale würde ich eine solche Behauptung allerdings sofort unterschreiben. Die letzte Veröffentlichung liegt immerhin acht Jahre zurück und bei der Bandbesetzung hat es einige Veränderungen gegeben. Am markantesten freilich, dass mit Claudia Speicher nur noch eine Sängerin mitwirkt. Sie ist aber in der Lage, diese Rolle auch im Alleingang kraftvoll auszufüllen und bereichert mit gelegentlichem Flöteneinsatz den Bandsound, der mir ohnehin noch nuancenreicher und filigraner erscheint als bisher, woran Schlagzeuger Joachim Habernoll einen nicht unerheblichen Anteil hat. Gut, daß er in der Band gehalten wurde. Der neue Keyboarder Thomas Römer macht seine Sache ebenfalls gut, vielleicht hat er vor den Aufnahmen gelegentlich viel Peter Bardens gehört, das kann ich nur gutheißen. Bei allen Neuerungen bleibt aber festzuhalten: "Shelter from the storm" ist sofort als Esthetic Pale zu erkennen. Dies liegt sicherlich auch daran, dass Gitarrist Matthias Ibelshäuser als einzig verbliebenes Gründungsmitglied weiterhin die kompositorische Hauptlast trägt. Alles in Allem enthält das neue Werk rundum gelungene Kompositionen, Breaks und Tempowechsel sitzen und überzeugen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das über achtminütige "How should he find out". Der balladesk-pompöse Song hätte auch schon noch ca. 6 min. enden können und wäre auch sehr hörenswert. Stattdessen wird nach 7 min. tempomäßig Fahrt aufgenommen und noch ein Gitarrensolo rangehangen. Man kann es also auch so machen, es funktioniert und klingt gut. Ein ähnlich großartiges Glanzstück ist der 10 min. Titelsong. Ich habe mich wirklich über dieses Album gefreut und hoffe auf ein baldiges Live-Erlebnis.
Andreas Schütze
© Progressive Newsletter 2013