CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)

Carpet - Elysian pleasure
(49:08, Elektrohasch, 2013)

Wer seine Musik ausschließlich geradlinig und homogen haben will, wird mit dieser Scheibe sehr wahrscheinlich arge Probleme haben. Ich erinnere mich, dass ich diese CD auf einer gemeinsamen Fahrt zu einem Prog-Festival mit Freunden zum ersten Mal gehört habe. Konzentriertes Hören bei gleichzeitigen Gesprächen war natürlich kaum möglich - aber zwischendurch horchte ich immer wieder mal auf und wollte wissen, was da gerade läuft. Immerhin hatte Cheffe höchstpersönlich die CD eingelegt und schon seine Empfehlung abgegeben. Carpet - aha - kenne ich nicht. Aber gut! Zwischendurch verlor ich mal das Interesse, das Gehörte war in dem Moment so gar nicht mein Fall. Als ich dann wieder mal etwas in meinen Ohren sehr Schönes wahrnahm, wähnte ich mich bereits bei der nächsten CD - aber nein, es lief immer noch Carpet. Und nun habe ich es mir immer wieder mal in Ruhe zu Gemüte geführt. Und was soll ich sagen, was anfangs noch wie ein wilder Stilmix anmutete, nimmt zunehmend Kontur an und ergibt letztendlich ein hochinteressantes, ausgesprochen abwechslungsreiches Album. Und auch die musikalischen Ausrichtungen, die mir eigentlich gar nicht so liegen, kann ich hier gut verkraften. Der Opener erinnert mich ein wenig an die Skandinavier mit dem lustigen Namen Samuel Jackson Five - das ist peppiger Prog, der gleich zu Beginn Spaß macht. Doch in diesem Stile geht es jetzt nicht das ganze Album über weiter - weit gefehlt. Was folgt, ist ein souveränes Springen zwischen verschiedenen musikalischen Welten. Da wird es mal sehr krautig, psychedelisch, oder es wird wild gejazzt. Das hat gelegentlich was von King Crimson oder auch Frogg Cafe. Aber auch Floydiges ist zu vernehmen. Sie wissen geschickt zwischen laut-aggressiv und leise-bedächtig zu wechseln, das Album bleibt von vorne bis hinten spannend. Dafür sorgen sicherlich auch die sehr geschmackvollen Arrangements an Instrumenten wie Vibraphon, Xylophon, Marimba, Akkordeon, Klarinette, Flügelhorn - und auch Mellotron. Die angenehme Stimme von Gitarrist Maximilian Stephan rundet das Ganze ab und somit gehören Carpet für mich ganz eindeutig zum Besten, was momentan aus deutschen Landen auf den Prog-Tisch landet. Toll!

Jürgen Meurer



© Progressive Newsletter 2013