CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)
The Tangent - Le sacre du travail (The rite of work)
(73:29, InsideOut, 2013)
Zwei Alben im nahezu gleichen Line-Up gehören beim Bandprojekt The Tangent eher zur Ausnahme. Deshalb musste auch Andy Tillison bei "Le sacre du travail (The rite of work)" mit einem komplett neuen Line Up arbeiten, u.a. bestehend aus Rückkehrern, aber auch teils neuen Gesichtern. Einmal mehr hat er eine schlagkräftige Formation am Start, die aus Jakko M.Jakzyk (u.a. 21st Century Schizoid Band, Level 42), Theo Travis, Jonas Reingold, Gavin Harrison (u.a. Porcupine Tree) und David Longdon (Big Big Train) besteht. "Le sacre du travail" ist zwar kein Konzeptalbum im engeren Sinne, jedoch dreht es sich inhaltlich um die menschlichen Probleme im beruflichen Alltagsleben, in der diese einem meist unsinnigen Job für ihren Lebensunterhalt nachgehen. Deren tagtäglicher Irrsinn ist albumumfassend als fünfteilige Rocksuite angelegt. Stilistisch ist es die gewohnte Mixtur aus 70er Jahre Prog, leichten Canterbury bzw. Jazz Rock Elementen und jeder Menge Rockfeeling, die der Musik von The Tangent einen organischen und keinesfalls komplett durchkonstruierten Anstrich verleiht. Es ist noch immer der Anspruch von Tillison, seiner Musik eine entsprechende inhaltliche Aufregung zu verleihen, die er selbst als Teenager beim erstmaligen Anhören von progressiver Musik verspürte. Weiterhin kommt seinem Material auch immer eine erzählerische Komponente hinzu. Als offensichtlichsten Einfluss bei diesem Album sieht er für sich Moody Blues' "The days of future past", auch wenn sich dies wohl mehr auf die Suitenidee und die Vermischung von klassischen und rockmusikalischen Elementen bezieht. Im Gegensatz zu den bisherigen The Tangent Alben hat "Le sacre du travail" eine wesentlich sinfonischere, klassische Note, ist nicht alles komplett nur rockmusikalisch ausgestaltet. Der Grundtenor ist melancholischer Natur, alles wirkt eine Spur ernster, nachdenklicher und stellenweise sogar zurückgenommen. Doch bedeutet dies keineswegs einen Komplettverzicht auf ausladende Momente. Einmal mehr bekommt man von den Instrumentalisten, die teils nur virtuell kommunizierten, erstklassige Handwerkskunst geboten, aus der vor allem Theo Travis mit seinen diversen Blasinstrumenten, aber auch die überaus agile Rhythmik von Gavin Harrison herausstechen. Besonders in den Instrumentalpassagen werfen sich die Beteiligten überaus lässig die Ideen zu, umso erstaunlicher, da man niemals gemeinsam im Studio war. Es ist der kreativen Kraft bzw. Vorstellungskraft von Andy Tillison und natürlich dem ungeheuren Potenzial seiner Mannschaft zu verdanken, dass The Tangent dermaßen perfekt funktionieren. Neben der regulären Ausgabe ist das Album ebenfalls als Special Edition mit Bonusmaterial (u.a. mit Tillisons ersten musikalischen Gehversuchen im Punk(!) aus dem Jahr 1979) erhältlich.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013