CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)
Renaissance - Grandine il vento
(54:16, Privatpressung, 2013)
Dass sich Renaissance nochmals zu einem Comeback aufraffen konnten, ist die gute Nachricht. Dass Gitarrist / Komponist Michael Dunford leider kurz nach der Veröffentlichung im November 2012 verstarb, verleiht dem Ganzen einen überaus tragischen und traurigen Beigeschmack. Dennoch möchte die Band auch ohne ihn weitermachen und plant zukünftig weitere Aktivitäten. Bereits 2010 veröffentlichte die aktuelle Renaissance Besetzung um Sängerin Annie Haslam und Michael Dunford ein ansprechendes Minialbum, von dessen drei Titeln es immerhin auch die stärkste Komposition "The mystic and the muse" auf den aktuellen Longplayer schaffte. Bereits damals ließ diese Rückkehr von Renaissance mehr erwarten als nur eine peinliche, unnötige Reunion von Musikern im gereiften Alter. "Grandine il vento" kann sich zwar nicht mit den Klassikern der 70er messen, jedoch macht die Band deutlich, dass sie auch heutzutage noch einiges zu sagen hat und man mit Bedacht gekonnt und geschmackvoll der eigenen Vergangenheit huldigt. Da sind die klassischen Referenzen vorhanden, der akustische Folk Einschlag, wie genauso sinfonische, epische Eleganz, auch wenn statt eines Orchesters heutzutage die Keyboards die Untermalung übernehmen. Zwar erreicht die Stimme von Annie Haslam nicht mehr ganz die ätherischen Höhen der Vergangenheit, doch noch immer verfügt die inzwischen in den U.S.A. lebende Sängerin über ein prägnantes und sofort erkennbares Timbre. Bereits der 2001er Vorgänger "Tuscanny" hatte ein italienisches Thema, was mit "Grandine il vento" südeuropäisch fortgesetzt wird. Die Kompositionen strahlen die würdevollen, geschmackvollen Feinheiten des Alters aus - man verzichtet mittlerweile auf zu viel Opulenz und Dramatik - trotzdem klingt es irgendwie typisch nach Renaissance, eben nur zurückgenommen, etwas sanfter und aufs Wesentliche fokussiert. Selbst die Gastbeiträge von Ian Anderson und John Wetton sind zwar mehr als nur ein gute Dreingabe, trotzdem hätte sie die Band nicht unbedingt notwendig gehabt. Gerade in den ruhigen, besinnlichen Momenten erzeugen Renaissance die wohltuende Wärme und Erhabenheit der Vergangenheit, die schon immer eine Stärke dieser Formation waren. Da man mittlerweile den Vertrieb komplett selbst in die Hand genommen, sorgt dies dafür, dass es nicht unbedingt kostengünstig und gerade einfach war, an das Album heranzukommen. Trotzdem eine lohnenswerte Anschaffung mit einem gewissen Nostalgiefaktor.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013