CD Kritik Progressive Newsletter Nr.77 (03/2013)

Glass Hammer - Perilous
(60:37, Arion Records, 2012)

So etwas nennt man wohl Ironie des Schicksals. Da treffen Steve Babb und Fred Schendel, die beiden treibende Kräfte hinter Glass Hammer, vor ein paar Jahren auf den Sänger Jon Davison und verpflichten diesen als Frontmann für ihre Formation. Fortan klingen die Retro Progger gesanglich ziemlich nach Yes, wie sich auch (Zufall oder nicht?) musikalisch eine gewisse Neuorientierung von Glass Hammer in die yessige Bandrichtung ergibt. 2012 kommt es zu gesundheitlichen Problemen bei Yes Sänger Benoît David und - siehe da - als Nachfolger verpflichtet man Jon Davison. So wird dessen gesangliche Ähnlichkeit zu ex-Yes Sänger Jon Anderson das offensichtliche Bewerbungsmerkmal für die vakante Mikrofonposition beim Prog Dinosaurier. Glücklicherweise bedeutet dies aber für Davison keinen Ausstieg bei Glass Hammer, die mit "Perilous" wieder mal ein Konzeptwerk mit deutlicher - wer hätte es gedacht - Yes Note vorlegen. Dennoch wirkt nicht alles ganz so überladen und übertrieben opulent, wie von den Vorgängeralben bekannt. Glass Hammer spielen ihren Retro Prog zwar immer noch mit deutlicher Verneigung vor den großen Vorbildern der 70er, aber dennoch wirkt der Bombast leicht zurückgenommener, hat die Musik für Glass Hammer Verhältnisse eine schon fast leichtfüßige, etwas traurige Note. Dabei setzt die amerikanische Formation einmal mehr ihren markanten Fokus auf sinfonischen Wohlklang, analoge Sounds und jede Menge verschachtelte Vokalharmonien. Das ist keineswegs gewagt, originell oder unheimlich innovativ, jedoch augen- und ohrenscheinlich gut gemacht und in den ruhigeren Momenten von feingeistiger, ergreifender Harmonie durchzogen. Glass Hammer befreien sich mit "Perilous" in kleineren Ansätzen aus der musikalischen Yes Sackgasse, in die sie sich selbst manövriert haben. Der ganz große Befreiungsschlag hinsichtlich der Rückkehr zu einer eigenen Identität gelingt damit noch nicht, wer jedoch die beiden letzten Glass Hammer Album sein eigen nennt, ist ebenso mit "Perilous" gut bedient.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2013