CD Kritik Progressive Newsletter Nr.77 (03/2013)

Gerard - Ring of eternity
(48:43, Musea, 2013)

Bereits 2010 in Japan veröffentlicht, benötigte es mehr als zwei Jahre, bis das aktuelle Gerard Album schlussendlich in Europa einen Vertrieb fand. Zwar ist Musea immer noch Partner für japanische Prog Veröffentlichungen, doch dieser Zeitversatz ist ein Sinnbild für das allgemeine Dilemma bzw. das verminderte Interesse, in dem sich die japanische Progszene seit einiger Zeit befindet. Mitte / Ende der 90er gab es so etwas wie ein zaghaftes Aufkeimen eines Prog Revivals im fernen Land der aufgehenden Sonne, von dem bis heute nicht sehr viel übrig geblieben ist. Einzig Ars Nova und Gerard versuchen in immer längeren Abständen (der Vorgänger von "Ring of eternity" erschien bereits 2004!), ihre Alben unters Volk zu bringen. Ansonsten haben inzwischen die experimentellen, typisch japanisch übertrieben durchgeknallten Bands wie z.B. Le*Silo oder Koenjihyakkei das Zepter übernommen, während die traditionelle Progszene mehr und mehr komplett im Untergrund verschwunden ist. "Ring of eternity" punktet als typischer Nippon Bombast Prog mit Retro Elementen, wie man ihn von Gerard seit Mitte der 90er kennt. Das ist technisch ausgefeilt und virtuos musiziert, dazu eine Spur überschwänglicher dargeboten als bei Kollegen aus europäischen bzw. amerikanischen Gefilden. Mit Yasuo Sasai hat man weiterhin einen für japanische Verhältnisse durchaus kompetenten, teils heftig tremolierenden Sänger in den eigenen Reihen. Dieser gab auch bei Hard Rock Klassikern, wie z.B. "Spotlight kid" (Rainbow) oder "July morning" (Uriah Heep), die Gerard u.a. als Minialbum "Gap moe" herausbrachten, eine annehmbare Figur ab. So schön das Wiederhören mit der Nippon Prog Legende, so kommt man jedoch nicht umhin, die offensichtlichen Verwässerungen im Gerard Sound zu bemerken Das ist alles weit weniger nur im Prog Bombast verwurzelt, sondern eine gewisse AOR bzw. Power Rock Schlagseite bricht immer mehr durch. Der allgemeine Ansatz ist straighter, direkter, weit weniger im verspielten Prog Terrain angesiedelt. Zwar ist "Ring of eternity" nicht der Abgesang von Gerard, überzeugt gerade die filigrane Tastenbearbeitung von Mastermind Toshio Egawa immer noch. Doch bekommt man aber den Eindruck nicht los, dass die Band ihr kompositorisches Pulver auf diesem Album nicht wie gewohnt zünden konnte.

Kristian Selm



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