CD Kritik Progressive Newsletter Nr.77 (03/2013)
Flicker - How much are willing to forget?
(50:28, Privatpressung, 2012)
Einmal mehr sorgt die vergleichende Werbebotschaft mehr für Verwirrung, denn für wirkliche Erhellung. Da wird nämlich das Debütalbum von Flicker "als sich stets wandelndes, immenses Epos" umschreiben, während die Band an die frühen Genesis, Pink Floyd und Radiohead erinnern soll. Nun ja gelegentlich, etwas nölender Gesang macht noch lange keinen Tom Yorke respektive Radiohead, ergreifende Atmosphäre hat offensichtlich nicht jedes Mal etwas mit Pink Floyd zu tun und wo hier der Genesis Vergleich herrührt bleibt völlig im Dunkeln. Deswegen eine etwas andere Herangehensweise: das Material auf "How much are you willing to forget?" ist eher direkt und songdienlich ausgefallen. Als Gegenpol zum erdigen Art Rock moderner Prägung dienen sphärisch-schwebende Momente, die denn ruhigen Augenblicken mehr Tiefgang, stimmungsvolle Würde verleihen. Doch legen Flicker vor allem griffige, gut durchdachte Melodien und verträumt rockige Attitüde in die Waagschale. In den ganz großen Momenten entsteht dabei so etwas wunderbar Ergreifendes wie die 7½-minütige Power Ballade "Counting time" oder auch der kraftvolle, riffige Art Rocker "Falling down". "How much are willing to forget?" geht als zeitgemäße Kunstrock Scheibe durch, die weniger auf Retro setzt, sondern sich mehr in aktuellen Strömungen verankert. Ein Reinhören auf flicker-band.bandcamp.com lohnt sich allemal.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013