CD Kritik Progressive Newsletter Nr.77 (03/2013)

Dissonati - Reductio Ad Absurdum
(51:47, Privatpressung, 2012)

Der Band- und Albumname führt einen landestechnisch erst mal komplett auf die falsche Spur. Dissonati kommen keineswegs aus südlichen, europäischen Gefilden, sondern die Formation stammt aus dem windigen, kalten Nordosten der U.S.A., genau genommen aus Seattle. Gegründet von John Hagelberger (Keyboards, Saxophon, Gesang), John Reagan (Schlagzeug) und Ron Rutherford (Gitarre, Gitarrensynthesizer, Bass, Gesang, Keyboards) ist vor allem die musikalische Verbindung zum verschachtelten, neueren King Crimson Sound äußerst offensichtlich. Die Gitarrenlinien sind verzwirbelt, komplex, bisweilen schwirrend, versponnen, in den entspannten Momenten aber auch von ergreifender Schönheit und mit Eingängigkeit versehen. Rhythmisch wird die Metrik nicht vom Rechenschieber bestimmt, sondern der Unterbau fußt weitgehend in nicht zu überbordender Schlagzahl. Deswegen von seichter Kost zu sprechen, verfehlt aber den Kern der Sache. Was instrumental durchaus spannend und gut ausbalanciert daherkommt, für die Freunde der analogen Klänge auch noch gleich ein paar düstere Mellotronklänge parat hat, ist gesanglich schon stärkerer Tobak. So fein und variationsreich das Gitarrenspiel von Ron Rutherford, so monoton und wenig variabel sein markanter, sehr eigener Gesangsstil, der nicht immer die erwarteten Töne trifft. Das mag man als eigene Note von Gesangsinterpretation auslegen, ein gewisser Nervfaktor ist nicht ganz von der Hand zu weisen bzw. eine erhöhte Toleranzgrenze ist sicherlich hilfreich. "Reductio Ad Absurdum" macht es damit dem Hörer nicht immer leicht. Doch schöne neue Welt, man muss ja nicht immer nur auf das Geschreibsel eines Kritikers hören. Auf diversen Internetseiten (u.a. CD Baby, Bandcamp) hat man für den eigenen Höreindruck entsprechende Möglichkeiten.

Kristian Selm



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