CD Kritik Progressive Newsletter Nr.77 (03/2013)

Zat - Düello
(38:27, Who Cares If You Listen, 2012)

Das ehrgeizige, junge Performance-Team (Label-Info) des frisch gegründeten Labels 'Who Cares If You Listen' aus Berlin (mit Potsdam-Tendenz [Bolz'n]) legt mit seinen zwei ersten Veröffentlichungen dicke Bretter vor, deren erstes (Alexandra von Bolz'n "Schnit"") aus gerade einmal einem einzigen Longtrack besteht, das schon mal exzellent brachialen Chaoslärm inszeniert, dem die geneigte Avantgarde-Hörerschaft zu bestehen hat. Gleich dazu gesellt sich mit Zat's "Düello" ein weiteres, kaum weniger ansprechendes, und in seiner (ganz anders gearteten) Radikalität für nicht weniger Kreislaufschwanken sorgendes Album, das, Entwarnung! aus 10 Tracks besteht, die allesamt kurz ausgefallen sind, allerdings als zwölftonaler, statischer, disharmonischer Avantgarde-Rock, der als UK (die Band) -Auswuchs neben dem Atomkraftwerk aus dem strahlenden Boden gewachsen ist, in melodisch ordentlich extravaganter und düsterer Wildnis ackert. Als hätten Underground-Punks Progressive Rock, No Wave, Grindcore und Neue Musik zu den abstrakten Gebilden zusammengeschweißt, wie sie hier zu hören sind: ganz ohne metallische Gitarren aber mit Gitarren, Gedonner-Synthesizer und Schlagzeug hämmern in minimalistischer Manier durch atonal aufregende und überraschend ansprechend komponierte Themen, denen sie allerdings ohne milde Harmonie begegnen - mit Ausnahme der ambient-melancholischen Inseln, die selbst kaum leise sind - und die sie, in aller Stille, laut und anstrengend gestalten. Wenn da musikalischer Humor drin ist, dann in sich selbst zurückgezogen, versteckt, unsichtbar gemacht, verwandelt in düstere Abgründe als Abschreckung nach außen und Schutz nach innen. Kurz: klingt wie schwer nervöse, dramatisch (mit leichter Milde) radikale Univers-Zero-ismen, denen die Instrumentalvielfalt durch Electronic ersetzt wurde. Die Ausgefallenheit der Ideen, der abgefahrene und unverbrauchte Stil des Albums, die strenge Hektik und Industrial Ambient - Melancholie (in "Goliath maneater" mit Alexandra von Bolz'n als Gastchanteuse) und das eher milde, und doch erschreckende, weil kaum schnell nachvollziehbare Coverartwork in seiner abstrahierten Bildsprache (was die Gesichter angeht) sind sehr aussagekräftig: dieses inspirierte Album versteckt den Musiker dahinter mehr als dass es ihn preisgibt. Streng gewiss, roundabout, und sehr zu empfehlen.

Volkmar Mantei



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