CD Kritik Progressive Newsletter Nr.77 (03/2013)

Tusmørke - Underjordisk Tusmørke
(67:36, Termo Records, 2012)

Wird bei einer progressiven Band der Flöte mal mehr Platz eingeräumt, wird flugs der Jethro Tull Vergleich herangezogen. Diesem Schubladendenken sehen sich auch Tusmørke konfrontiert, die bei diversen Kritiken immer wieder an Jethro Tull gemessen werden. Dabei hat das Quartett in der ungewöhnlichen Besetzung Bass / Gesang, Flöte / Gesang, Schlagzeug und Keyboards doch viel mehr zu bieten und ist wesentlich eigenständiger unterwegs. Zwar verstecken sich die Musiker hinter irgendwelchen Pseudonymen und live tritt man zum Teil in Mönchskutten auf, um die eigene Identität im Unklaren zu lassen. Doch bei etwas genauerem Graben nach Informationen trifft man bei den verschiedenen Besetzungen der Band immer wieder auf ehemalige Musiker von Wobbler. Ungewöhnlich auch die Sprachenauswahl. Da wird schon mal auf die deutsche Textzeile "Verweile doch, Du bist so schön!" zurückgegriffen oder einige Sätze Französisch zitiert. Ansonsten wird jedoch zum Großteil in Englisch gesungen, zwei Titel sind zudem in der Landessprache gehalten. Ansonsten heißt die Richtung Retro, zwar nicht ganz so konsequent wie bei den eben erwähnten norwegischen Landsmännern Wobbler, doch die ganze Stimmung und auch die sachte eingesetzten analogen Keyboardsounds sind eine deutliche Verbeugung vor den 70ern. Tusmørke weisen jedoch neben den Prog Bezügen auch deutliche Elemente von nordischer Folklore und psychedelischen Einschlag auf. Mal fühlt man sich von verrückten, schrulligen Trollen umgeben, mal gelingt feinfühliger Retro Kitsch. Da die Historie von Tusmørke zudem noch eine Vorgeschichte hat, die bis in die 90er zurückgeht, gibt es als Bonus noch einen Longsong der Vorgängerformation Les Fleurs Du Mal zu hören, der leider in der Soundqualität etwas scheppernd und blechern daherkommt. "Underjordisk Tusmørke" (dt. Übersetzung: Unterirdisches Zwielicht) wirkt noch etwas ungeschliffen, irgendwie seltsam und hat mit voller Absicht einen altbackenen Anstrich. Doch dafür ist die Umsetzung in sich sehr stimmig und überzeugend auf Retro ausgerichtet.

Kristian Selm



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