CD Kritik Progressive Newsletter Nr.77 (03/2013)
André Balzer - Entre l'Alpha & l'Omega
(54:31, Musea Parallele, 2011)
Meine ersten Kontakte mit der französischen Prog-Szene waren Mitte der 70er zunächst zwei Bands: Ange und Atoll. Beide richtungsweisende Bands - gerade Ange steht ja repräsentativ für einen bestimmten Bereich der französischen Prog-Szene. Und beide mit bemerkenswerten Sängern ausgerüstet. Gibt es auch Überschneidungen? Ja, tatsächlich - nämlich auf dem vorliegenden Soloalbum des ehemaligen Atoll-Frontmannes André Balzer. Als Gast ist nämlich eine gewisse Caroline Crozat mit von der Partie, Ange Fans noch von den letzten Ange Alben her bekannt (leider aber nicht mehr auf dem aktuellen Ange Werk dabei). Allerdings sind ihre Beiträge nur ausgesprochen sparsamer Natur. Schade. Nun stellt sich natürlich die naheliegende Frage: hat das vorliegende Album noch irgendwas mit den damaligen Atoll-Alben zu tun? Jein. Die Stimme von Balzer ist markant - und nach wie vor eindeutig als die alte Atoll-Stimme identifizierbar. Es ist tatsächlich die erste Veröffentlichung Balzers nach über 30 Jahren! Er hatte lediglich nach seinem Ausstieg bei Atoll und dem Umzug nach Südfrankreich eine Formation namens Atoll Sud gegründet, doch es kam letztendlich nie zur Fertigstellung eines Albums. Keine Ahnung, was ihn dazu bewogen hat, jetzt ein Soloalbum in Angriff zu nehmen - auf jeden Fall war das keine schlechte Idee. Das Album enthält 10 Songs, die mittels Sprechpassagen ("Recit 1 - 9") miteinander verbunden sind. Eine Vielzahl von Gastmusikern sorgt für einen recht vollen Sound. Doch ist dies keineswegs Symphonik-Prog mit viel Keyboardeinsatz, sondern vielmehr eine Art Singer- / Songwriter Album mit abwechslungsreichen Arrangements, bei denen Gitarren und - natürlich - die Stimme Balzers im Vordergrund stehen. Doch spätestens im letzten Titel wird der Bezug zu Atoll eindeutig, denn dies ist eine neue Version des Songs "Cerf-volant" vom "Tertio" Album. Noch eine interessante Randnotiz: maßgeblich beteiligt an der Produktion und auch als Gastmusiker an Gitarre, Bass und Gesang involviert ist ein gewisser Raoul Leininger - seines Zeichens seinerzeit Nachfolger von Balzer bei Atoll. Ich mag Atoll und ich mag Balzers Stimme sehr - und bin von diesem Album nicht enttäuscht - denn ich habe auch keinen Symphonic Prog Kracher erwartet. Schön, nach so langer Zeit mal wieder was von Balzer zu hören.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2013