CD Kritik Progressive Newsletter Nr.77 (03/2013)

The Rome Pro(G)ject
(55:20, Privatpressung, 2012)

Die Spezialisten für ausgiebige Konzeptwerke waren bisher die finnischen Kollegen von Colossus, deren Projekte meist epische Ausmaße mit x-fach CDs und wertiger Verpackung einnahmen. Nun setzen die Italiener ein Werk mit der langen Geschichte der Stadt Rom entgegen, das zwar nur eine Einzel CD umfasst, daneben noch als Vinyl Picture Disk und aufwändiges Box Set erhältlich ist. Statt wie bei den Colossus Projekten auf eher unbekannte Bands und Künstler zu setzen und diesen eine Plattform zu bieten, werden beim "The Rome Pro(G)ject" ganz andere Kaliber aufgefahren: Banco Sänger Francesco Di Giacomo liest die italienische Einleitung und darf auch den zweiten Titel mit gesprochenen (leider nicht gesungenen) Worten begleiten. Beim weiteren, rein instrumentalen Material verfeinern David Cross (ex-King Crimson), John und Steve Hackett, David Jackson (ex-VdGG), Nick Magnus (u.a. Steve Hackett Band) und Richard Sinclair (u.a. Caravan, Camel) die Beiträge, die sich inhaltlich um die Jahrtausende umfassende Geschichte der ewigen Stadt drehen. Positiv bleibt hervorzuheben, dass trotz unterschiedlicher Gastbeiträge, die 10 Titel doch ein homogenes Ganzes ergeben und nicht wie ein liebloser Flickenteppich thematisch zusammengepappt wurden. Was jedoch eher Zweifel aufkommen lässt, ist die Behauptung, dass die jeweiligen Titel von den entsprechenden Künstlern mitgeschrieben wurden. Denn hier handelt es sich eindeutig um typischen Retro Prog mit Mellotron Vollbedienung, flotten Keyboardläufen, sowie Breaks und sinfonischen Bombast. Gerade Künstler wie David Cross oder Richard Sinclair sind in den letzten Jahren jedoch nicht unbedingt durch Beackerung dieses Genres aufgefallen, wie auch die kompositorische Tiefe nicht immer unbedingt die Klasse der entsprechenden Interpreten widerspiegelt. Das spielerische und inhaltliche Niveau ist nämlich bisweilen etwas zu schablonenhaft, wenn auch durchaus elegant und gut umgesetzt. Doch gerade die Violinenfiguren von David Cross, die Flötenbeiträge von John Hackett, wie vor allem das formidable Spiel von Steve Hackett setzen die Glanzpunkte. Somit ist "The Rome Pro(G)ject" alles in allem dennoch eines der besseren Konzeptwerke und bietet trotz kleinerer Schönheitsfehler Retro Prog der überdurchschnittlichen Sorte. Und für Sammler von liebevoll aufgemachten Konzeptwerken ist dieses Werk fast schon Pflichtprogramm.

Kristian Selm



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