CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)
Orcus Chylde - Orcus Chylde
(48:39, World In Sound, 2012)
Aus Aschaffenburg kommen Orcus Chylde, einer Stadt, die in Insiderkrisen in erster Linie aufgrund des kultigen Clubs Colos-Saal und Heimstadt des Eclipsed Magazins bekannt ist. Das dort ansässige Sextett ist komplett auf Vergangenheit gebürstet und fühlt sich hörbar in den 70ern zwischen Hard / Psychedelic und Kraut Rock zu Hause. Das Album ist vom vitalen Geist des kraftvollen Retro Rocks mit Garagenflair durchtränkt. Das Material der Franken wirkt sympathisch unfertig, direkt und stellenweise ungewollt schräg, einfach wie frisch aus dem Proberaum mitgeschnitten. Genau darin liegt einerseits die Stärke, aber auch zum Teil die Schwäche dieses Debüts. Die 8 Titel atmen einen wachen, spontanen Geist, nichts erscheint hier konsequent bis in letzte Detail und bis zur Perfektion durchproduziert. Das hat echtes, lebhaftes Flair, hier wirkt nichts aufgesetzt und durchkalkuliert. Dummerweise fehlt den Kompositionen jedoch mitunter der letzte Kniff, die überraschende Raffinesse, der aus der aktiven und hörbaren Lebendigkeit inhaltlich noch mehr herausholen könnte. Die Spielfreude ist spürbar, nur die Arrangements und der weinerliche Gesang können nicht immer die die komplette Energie transportieren, die ins Zusammenspiel hineingesteckt wurde. Dennoch ist gerade diese vitale Lebendigkeit der Pluspunkt bei Orcus Chylde, denn ihre rifforientierte, leicht melancholische Dröhnorgie voller Atmosphäre wirkt nicht aufgesetzt und energetisch geladen. Somit ein interessantes, bodenständiges, wenn auch noch ausbaufähiges Debüt, das vor allem durch seine Ehrlichkeit punkten kann.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2012