CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)
Macroscream - Sisyphus
(55:51, Privatpressung, 2012)
Ein neuer Name im Symphonic Prog Genre, den man sich durchaus merken sollte: Macroscream aus Italien. Ihr Debütalbum "Sisyphus" mit dem Untertitel "...awakening to the absurd!" wurde zwischen April und November 2011 in Rom aufgenommen und liegt nun vor. Musikalisch kann mich das Quintett voll überzeugen, grenzenlose Begeisterung wird aber wieder durch den beinahe schon üblichen Knackpunkt verhindert: der Gesang. Der Opener, das 25½-minütige Titelstück, macht schon mustergültig klar, wohin die Reise bei Macroscream geht. Das ist hervorragend herausgearbeitete sinfonische Musik, bei der die Keyboards (Hammond, Rhodes, Mellotron, Moog) von Davide Cirone sehr geschmackvoll in Szene gesetzt werden und vor allem der Geiger Gianpaolo Saracino den Kompositionen einen besonderen Stempel durch sein sehr variables Spiel aufsetzt. Mal klassisch, mal folkig, mal jazzig - Saracino besticht durch ein sehr farbenfrohes Spiel. Doch gerade im Auftaktsong bildet der bisweilen ausgesprochen nölige Gesang von Alessandro Patierno einen krassen Gegenpol zum stellenweise extrem anmutigen Geigenspiel. Mag sein, dass dies genau so gewollt ist - für meine Ohren ist dies allerdings sehr gewöhnungsbedürftig und ehrlich gesagt an manchen Stellen nicht gerade geschmackssicher. Mit der Zeit komme ich dann aber doch mit dem Gesang, der glücklicherweise keine allzu dominante Rolle spielt, halbwegs klar. Das ist auch gut so, denn der Titelsong hat doch sehr viel zu bieten, und damit meine ich nicht nur eine Passage, die schwer an Genesis erinnert. Erfreulicherweise halten auch die restlichen vier 6- bis 9-minütigen Songs das hohe Instrumental-Niveau. Nun könnte man sich natürlich wünschen, dass fürs nächste Album einfach der Sänger ausgewechselt wird - doch dazu wird es vermutlich nicht kommen. Und vielleicht auch nicht kommen müssen, denn in manchen Songs zeigt er, dass es auch anders geht. Patierno liefert auch wichtige Beiträge an Bass Gitarre oder klassischer Gitarre ab, und schließlich stammen alle Kompositionen aus seiner Feder - also ist zu vermuten, dass er auch auf dem nachfolgenden Album eine wesentliche Rolle spielt, vielleicht dann aber mit etwas weniger nervigen Gesangsparts. Auf jeden Fall bin ich auf weiteren Output dieser sehr talentierten Band gespannt!
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2012