CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)

Katatonia - Dead end kings
(48:47, Kscope, 2012)

Die auf "Viva emptiness" gefundene Rezeptur haben Jonas Renkse und Co. auf dem urbanen Vorläufer "Night is the new day" und jetzt mit den "Dead end kings" auf einem Niveau verfeinert, auf den ihnen derzeit vermutlich nur noch Anathema begegnen, die ja eine vergleichbare Evolution durchlaufen haben. Auf dem neunten Album nimmt uns der inzwischen nur noch unverzerrt und dabei mehr als achtbar singende Renkse vom ersten Takt und der ersten Zeile "In the weak light, I saw you" in Empfang und mit auf einen bei aller Melancholie stets fesselnden Trip durch dunkle Regionen und Zwischenwelten. Fesselnd durch die Stärke der Kompositionen und den Abwechslungsreichtum des Albums, dessen knapp 50 Minuten Laufzeit wie im Rabenflug vergehen. Auf "Hypnone" gibt es Momente, in denen der erzählerische Vortrag des Sängers an Eddie Vedder gemahnt. Auf "The one you are looking for is not here" hellt Silje Wergelands (The Gathering) hohe Stimme die Mixtur zeitweilig auf. Doch das lässt Katatonia nicht zur Gothic-Kapelle verkommen, sondern erinnert eher an die Zeiten, als Pure Reason Revolution noch existierten und die Prog-Szene aufrüttelten. Auffallend sind die effektvollen bis teils dramatischen Kontraste, die durch einerseits dichte Streichertexturen sowie clean perlende Gitarren (z.B. "Leech") und andererseits relativ harte Gitarrenriffs erzielt werden. Einziger überhaupt entdeckbarer Schwachpunkt scheint das gelegentlich etwas schematische Schlagzeugspiel von Daniel ab Track 4 - auf 1-3 ist es hingegen erstaunlicherweise wunderbar feingliedrig. Aber vielleicht hatten Renkse und Gitarrist Anders Nyström auch Angst vor zu viel Anspruch und haben hier mal bewusst auf Einfachheit gedrungen. Das abschließende "Dead letters" zeigt nämlich, dass Liljekvist sogar Tool-typisches Drumming sehr wohl drauf hat.

Klaus Reckert



© Progressive Newsletter 2012