CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)
Karcius - The first day
(52:03, Unicorn Digital, 2012)
Nach drei rein instrumentalen Alben im Bereich von Prog Fusion - laut eigener Aussage einer Verbindung aus Progressive Rock und Fusion Jazz - wagen Karcius so etwas wie einen Neubeginn. Nicht nur, dass man mit Sylvain Auclair einen neuen, sehr fähigen Bassisten vorstellt, dieser übernimmt auch noch gleich den Gesang und nicht nur dies sorgt inhaltlich für eine fast komplette Neujustierung. Das kanadische Quartett agiert jetzt quirliger, mehr rockig, aber trotzdem irgendwie direkt. Der kunstvolle Rock der Band aus dem französischsprachigen Teil Kanadas hat sich von jazz-rockigen Einflüssen fast gänzlich verabschiedet bzw. diese werden lediglich überaus zurückhaltend und nur für kürzere Passagen in dem Gesamtkontext geschickt integriert. Die Band musiziert relaxt versponnen, immer extrem mitreißend verspielt und überaus druckvoll und etwas traurig, jedoch nie zu offensichtlich auf Retrosounds oder allzu platte Wiederholungen der Vergangenheit setzend. Zwar erinnert das mal für längere Zeit an eine expressive Version von Pink Floyd oder klassische Wehmut setzt ein, trotzdem hat das alles Stil und Eigenständigkeit. Vor allem kommt bei Karcius jede Menge Power und wuchtiger Groove dazu, geht hier gut austariert die Post ab. Zwar fruchtet nicht jede Wendung, entsteht mitunter der Eindruck, dass dieser neue Stilmix kompositorisch noch nicht komplett bis ins letzte Detail perfektioniert wurde. Dennoch gelingt eine spannende Umorientierung, mit der Karcius ihre früheren Fans mehr oder weniger vor den Kopf stoßen. Nichtsdestotrotz hat diese vitale Auffrischung der Band hörbar gut getan.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2012