CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)
Iron Butterfly - Fillmore East 1968
(54:22 + 65:27, Rhino / Atco, 2011)
Die Urväter des psychedelischen Acid Rocks haben leider neben ihrem Kultklassiker "In-A-Gadda-Da-Vida" keine weiteren nachhaltigen Kompositionen hinterlassen. Obwohl mir ihre ersten vier Alben mit dem kernigen Gesang und den groovy-wavigen Hammondorgelklängen von Doug Ingle ganz gut gefallen. Erstaunlicherweise tourt die Band heute noch, mit dem einzigen Urmitglied Ron Bushy an den Trommeln, obwohl ihre letzte Studioscheibe "Sun and steel" aus dem Jahre 1975 stammt. Von ihrem Klassiker "In-A-Gadda-Da-Vida" (ohne Alkohol & Drogen hätte er "In the garden of eden" geheißen), wurden inzwischen über 30 Millionen Exemplare verkauft. Somit gehört die Scheibe zu den 25 meist verkauften Alben der Welt und ist neben Led Zeppelin "IV" der am besten verkaufte Tonträger von Atlantic Records. Mit der vorliegenden Live Doppel-CD versucht das Rhino-Label vor allem den verbliebenen Fans der Band eine Freude zu bereiten. Denn die ziemlich gut remasterten Aufnahmen aus dem New Yorker Fillmore East des Jahres 1968 werden wohl kaum neue Fans hinter dem Ofen hervorlocken. Diejenigen allerdings, die für originale Acid Rock Musik mit psychedelischem und harmonischem Kompositionsgut ein Faible haben, dürften Freude an den 44 Jahre alten Tondokumenten haben. Es wurden Aufnahmen von vier Konzerten an jeweils zwei Abenden am 26. und 27. April 1968 klanglich verewigt. Die zu dieser Zeit in Los Angeles beheimateten Iron Butterfly hatten nach ihrer Debütscheibe "Heavy" die Band gerade umbesetzt. Zum neuen Line Up gehörten neben den Gründervätern Doug Ingle und Ron Bushy der erst 17 jährige Gitarrist Eric Brann sowie Bassist Lee Dorman. Vor allem der junge Eric Brann, ein ausgebildeter Konzertviolinist, brachte diesen wegbereitenden Psychedelic Acid Sound in die Band. Dazu passt die Ansage zu Beginn des ersten Konzerts, das am 10. Mai auch Jimi Hendrix im Fillmore East spielt. Die vorliegenden Aufnahmen waren die ersten öffentlichen Auftritte der Band in dieser Besetzung, die dann zwei Monate später ihren Megaseller "In-A-Gadda-Da-Vida" veröffentlichten. Umso interessanter sind die zwei Frühfassungen des Longtracks, der auf der DoCD mit Laufzeiten von 15 und 17 Minuten zu hören ist. Außerdem findet man zwei weitere noch nicht veröffentlichte Tracks ("My mirage" und "Are you happy?") vom später erscheinenden Klassiker. Da auf "Fillmore East 1968" vier Konzerte in Auszügen zu finden sind, trifft man natürlich einige Songs mehrfach an. Ähnlich wie bei der Dreier CD Veröffentlichung "Made in Japan" von Deep Purple aus dem Jahre 1993. So gibt es bei den 22 Tracks Mehrfacheinspielungen wie zum Beispiel "Iron Butterfly Theme" mit vier Versionen, aber auch nur einmal zu hörende Songs wie "Fields of sun", "You can't win", "Stamped ideas", "Possession" oder "Her favourite style". Trotz der Wiederholung einiger Stücke empfinde ich dieses historische Tondokument als eine sowohl musikalisch als auch klanglich bereichernde Veröffentlichung. Außerdem stellt das Papersleeve Cover im Retro-Look mit reichlich interessanten Informationen im eingehefteten 11-seitigen Booklet, inklusive kleinem Konzertplakat, etwas Besonderes dar. Hier erhält man auch ausführliche Informationen über die aufwendige Klangreproduktion. Einziger Wermutstropfen ist der von Rhino Records festgelegte hohe Kaufpreis von ca. 40 Euro, wofür es selbstverständlich Punkteabzug gibt. Der Grund hierfür liegt angeblich in der limitierten "Handmade" Sonderserie.
Wolfram Ehrhardt
© Progressive Newsletter 2012