CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)
Pierrejean Gaucher - Melody Makers II
(44:31, Musiclip, 2012)
PJ Gaucher (g), Clément Petit (ce) und Cédric Affred (dr) legen als Power-Jazztrio mit dem zweiten "Melody makers" Part nach - der erste kam gut an und dem Trio hat es wohl Spaß gemacht. Waren indes auf "I" Songs britischer Popmusiker als jazzpoppige Coverversionen zu hören, stammen dieses Mal alle Kompositionen aus Pierrjean Gauchers Feder. Der elektrische Gitarrist, ursprünglich von Zappa, Zeuhl und Jazzrock geprägt, hat längst seinen eigenen Stil gefunden. Und wie stets kann auch dieses Album unter der Überschrift 'kratzbürstige Sanftmut' stehen. Kein Song macht größeren Krach und selbst wenn das Trio mal etwas energischer und lauter ausholt, bleibt die Atmosphäre eher gelassen - bis auf wenige Ausnahmen, in denen Cellist Petit große Schräge wagt. 10 zwischen zweieinhalb und knapp 6 Minuten lange instrumentale Tracks sind auf der CD enthalten, die sehr modern und zeitlos klingen, von sauberem, erlesenen und hellen Klang geprägt sind, mal ambient verwehen, mal konkret rocken. Die Jazzprägung aller Songs sammelt von komplexer Komposition über sessionartige Sequenzen bis zu abstrakten Melodielinien allerhand ausdrucksstarke und für die dezente Spielweise verblüffend kraftvolle Themen. Gauchers Gitarrespiel kann lässig im Off tingeln, während Petit vorn den Grund aufwühlt; wenn seine Gitarre indes mit solistischen Auszügen am Bühnenrand steht, abstrahiert er sehr jazzbezogen und mitreißend. Cédric Affre spielt sehr technisch und komplex, ohne wie verrückt Extravaganzen zu veranstalten, indes mit viel Charakter und stürmischem Blut. Jazz- und rockgeprägt weiß er jedem Motiv vertrackte Takte aufzutun und mal mit mehr, überwiegend weniger und zumeist ganz ohne Groove vitales Spiel lässig bis kernig zu geben. Die Platte klingt von Anfang bis Ende entspannt, trotz der doch mal kratzig emotionalen Höhenflüge, in denen vor allem Cellist Clément Petit wild und dramatisch arbeitet, ohne letztlich ganz auszuflippen, was auf der Bühne gewiss gelingen kann. "Melody Makers II" ist ein erwachsenes, lässig verspieltes Jazzkino für Gourmets, deren Plattenschrank zu voll ist, als dass sie auch nur eine alte LP darin noch finden. Jazzrock, frisch und vital, wird so, ganz ohne Funk und vordergründigen Pop, elegant und galant alt.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2012