CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)

Galahad - Beyond the realms of Euphoria
(55:49, Privatpressung, 2012)

Ich habe eine Neo Prog Vergangenheit. Mein Einstieg in das Genre "Progressive Rock" erfolgte mit Marillion (oder war es doch Queen? - nevertheless...), es folgten Genesis, Floyd, Yes, Crimso und ELP. Oder eben Pendragon, IQ, It Bites, Pallas und Multi-Story (jawoll!). Bis Mitte der 90er habe ich fast nur so einen Kram gehört. "Songs from the lions cage" (Arena) war für mich das Beste seit geschnitten Brot. Spock's Beard war mir damals zu komplex... 1987 sah ich zufällig ein "Konzertplakat" in Christchurch. "Do you like the music of Genesis, Marillion and alikes? Tonight it's gonna be Galahad!"... In einem bestuhlten Kino fanden sich gefühlte 17 Leute ein und weinten unisono zu Afterglow... Those were the times. Moment, das klingt wie ein Déjà-vu. Moment, das ist ein Déjà-vu! Galahad haben 2006 "Empires never last" veröffentlicht. 6 Jahre später folgte "Battle scars" und keine 4-5 Monate später gibt es ein weiteres Studio-Album der Combo... Da ist viel im Studio zusammengekommen. "Beyond the realms of Euphoria" ist das zweite Album der Briten in 2012. Warum nicht? Warum eigentlich nicht? Der Sound ist der gleiche wie auf den letzten 2-3 Alben. Neo Prog mit modernisierten Synthiesounds. Techno und Ambient inklusive. Brettharte Gitarren treffen auf vielteilige Strukturen. Extrovertierter Gesang auf symphonische Momente. Gut, gut! Und warum haben die Jungs nicht gleich ein Doppel-Album rausgehauen? Gute Frage. Ich kann nichts Schlechtes an der neuen Platte finden. Ich finde es sogar besser als "Battle scars", weil mich die Kompositionen mehr ansprechen. Aber im Grunde ist es das Gleiche wie auf "Year Zero", "Empires never last" und eben ""Battle scars". Und ich bekomme da gerade ein weiteres Déjà-vu. Ich schrieb nämlich einst im Mai (eigentlich war es der Zwanzigste April Zweitausendzwölf), dass ich von der Band mehr erwarte als Verwaltung. Galahad verwalten auf hohem Niveau. Sie bleiben die spezielle Band des Neo Prog. Aber sie fangen langsam aber sicher an ihren Vorsprung zu verspielen. Ihre Musik wirkt dann nämlich nicht mehr cool und innovativ, sondern eingefahren und anachronistisch. Das ist ein positiver Aspekt für Leute, die nicht genug bekommen können vom "klassischen" Galahad Sound. Und Einsteigern mag ich das Album auch empfehlen. Es ist klasse! Alle Stücke sind zwingend, druckvoll und treibend. Alle Stücke sind brillant gesungen und spitzenmäßig produziert. Ich persönlich wünsche mir nur so langsam eine weitere Steigerung, eine noch "verrücktere" Vorgehensweise und eine Zementierung der innovativen Vormachtstellung der Briten. Daran ändert auch der fast schon "Deathmetal"-ige Ansatz in "All in the name of progress" nichts. Und dann kommt "Richelieu's prayer 2012", wie schon auf "Battle scars" (damals "Sleepers 2012" von "Sleepers") eine aufgepimpte Version eines Galahad-Klassikers (vom bescheiden produzierten Debut "Nothing is written") und mir steht die Pippi in den Augen. Endlich Wucht, endlich kraftvoll und symphonisch produziert, mit einem Hauch von verlustig gegangenem Charme und dennoch überzeugend. Na ja, und dann ist sie wieder da, die Liebe zu dieser Band. Das Cover ist grausam. Fazit: Kauft lieber diese Scheibe als "Battle scars", oder verfallt dieser Band komplett. Wie ich...

Fix Sadler



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