CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)

Focus - X
(49:48, Eastworld Recordings, 2012)

Das neueste Focus Album wird erst am 5. November in den Läden und E-Shops erhältlich sein. Relativ zeitgleich mit der hier vorliegenden Ausgabe des wundervollen PNL. Als Rezensent wurde mir von Eastworld Recordings allerdings "nur" ein Download zur Verfügung gestellt. Die 10 Tracks habe ich auf eine Audio - CD transferiert. Dafür finde ich den Sound schon beachtlich. Die Abmischung mag zwar ein wenig dumpf klingen. Meiner Meinung nach ist dies beabsichtigt, um das Focus Feeling genau zu treffen. Kein Geringerer als Roger Dean, in diesem Leserkreis werde ich kaum über ihn schreiben müssen, entwarf das Artwork. Ein an Gaudi erinnernder Turmbau vor einem wundersamen Himmel wurde von ihm gemalt. Wieder ein wunderbares Gemälde. Das "X" ergibt sich aus den veröffentlichten Tonträgern von Focus seit 1970. In 42 Jahren ist dies erst der 10. musikalische Output. Seit Focus 9 sind 6 Jahre vergangen, seit Focus 8 sogar 10 Jahre. Allerdings sind Focus zwischenzeitlich nicht im Ruhestand gewesen. Ich habe sie ein paar mal in verschiedenen Besetzungen und Locations gesehen. Auf der Homepage www.focustheband.com sind die neuesten Tourdaten zu finden. Am 27.11. spielen sie in Bremen, am 28.11. in Bonn und am 29.11. in Bentheim. Ich kann dem geneigten Leser nur einen Besuch nahe legen. Es werden ausgezeichnete Musiker auf der Bühne stehen mit ganz viel Spaß an der Musik. Und Mijnher van Leer in Aktion zu sehen, ist das Eintrittsgeld auf jeden Fall wert. Herr van Leer wirft bei mir mal wieder die leidige Diskussion auf, wann Musik als Progressive Rockmusik, kurz Prog genannt, klassifiziert werden kann. Focus lässt sich auch nach über 40 Jahren in keine Schublade pressen. Zu sehr verschmelzen auch auf dieser CD klassische Elemente ("Talk of the clown"), harte Rockriffs ("All hens on deck"), wunderbarer Fusion ("Amok in the Kindergarten") und auch folkloristische Stile miteinander ("Hoeratio"). Jeder, der Spaß am Jammen hat, klassische Themen entdecken möchte, wen verschrobene Gesangseinlagen begeistern, der ist hier genau richtig. Natürlich fehlt die Querflöte nicht. Und die Hammondorgel ist nur schön. Pierre van der Linden spielte zwischen 1971 und 1974 bei Focus und bearbeitet auch jetzt wieder die Drums. Bobby Jacobs, seit 2002 dabei, zupft den Bass und Menno Gootjes spielt die Gitarre. Die CD geht direkt so nach vorne, als hätte es nie auch nur einen Zeitsprung gegeben. Im Beipackzettel wird ein Zitat von Thijs van Leer gebraucht: "Unsere Musik ist Evolution nicht Revolution". Dem kann ich nicht zustimmen. Focus 2012 hört sich in meinen Ohren wie Focus 1970 an. Und das ist gut so!

Klaus Bornemann



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