CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)

Dead Can Dance - Anastasis
(56:28, Pias Recordings, 2012)

Meine Güte, dass ich das noch erleben darf: meine ewigen Faves Dead Can Dance wiedervereint und dann sogar mit einem neuen Album - bei der Reunion Mitte des letzten Jahrzehnts wurde ja leider "nur" getourt. Sowohl Lisa Gerrard als auch Brendan Perry waren natürlich trotzdem aktiv über die Jahre, vor allem Lisa dürfte mit ihren zahlreichen Soundtrack-Projekten allseits bekannt sein, aber auch Brendan konnte sich mit seinem 2010er Solo-Album "Ark" eindrucksvoll zurückmelden. Die Spannung war selbstverständlich sehr groß, wie sich Brendan und Lisa im Jahr 2012 gemeinsam präsentieren würden, zumal seit dem letzten Studioalbum "Spiritchaser" ganze 16 (!) Jahre vergangen sind. Und betrachtet man die Entwicklung, die Dead Can Dance seit ihren Anfängen vollzogen haben - vom leicht wavig-sphärischen Sound der Anfangstage über die neoklassische / mittelalterliche Phase Mitte / Ende der Achtziger bis hin zu den dominanten weltmusikalischen Einflüssen der Neunziger Jahre - war theoretisch alles drin. Nun, um es kurz zu machen: "Anastasis" zeigt sich mit 8 ruhigen, eingängigen, atmosphärisch dichten Songs ohne viel Schnörkel, dafür mit viel Raum für die fantastischen und unglaublich charismatischen Stimmen von Lisa und Brendan. Begeistern können vor allem der klare, warme Sound und das wie immer sichere Gespür des Duos für Gänsehaut-Melodien (sowohl instrumental als auch gesanglich). Natürlich kommt auch einiges aus der "Dose" bzw. aus dem Rechner, vor allem die untermalenden, atmosphärischen Klangteppiche, was man bereits von den letzten Solowerken der beiden Künstler kennen dürfte, aber wenn man genauer hinhört, setzen Dead Can Dance auch viele verschiedene Saiteninstrumente (u.a. natürlich das bewährte Yang Chin') oder Percussions ein. Ein Freund von mir hatte angemerkt, dass ihm die Höhepunkte auf "Anastasis" fehlen, aber wenn man die schlichten, aber stimmungsvollen Stücke etwas auf sich wirken lässt, zünden so nach und nach dann doch fast alle ("Kiko" und "All in good time" waren beispielsweise Titel, für die ich etwas Zeit gebraucht habe). Zumal mich persönlich der fantastische Opener "Children of the sun", das sich anschließende "Anabasis" oder das phänomenale "Return of the She-King" gleich beim ersten Hören begeistert haben. Und nachdem ich Dead Can Dance am 5. Oktober auch gleich noch live erleben durfte, dabei ausnahmslos alle Songs vom neuen Album gespielt wurden und eigentlich (fast) alle durchweg absolute Highlights waren (von den grandiosen älteren Stücken ganz zu schweigen), bleibt mir nur eine Bewertung übrig: die Höchstnote. Und hoffentlich bleibt uns das charismatische Duo noch lange erhalten!

Joachim Müller



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