CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)
Colour Haze - She said
(38:10 + 43:45, Elektrohasch, 2012)
Die Geschichte dieser jüngsten Veröffentlichung der deutschen Stoner- / Psychedelic-Granden ist von Pleiten, Pech und Phasenverschiebungen gezeichnet. Aber nur produktionsseitig, nicht etwa beim kreativen Prozess! Nach endlos wirkenden Mühen ist die Doppel-CD Version von "She said" nun endlich verfügbar. Nachdem die Auslieferung der ersten Pressung des Doppelvinyls durch Fehler verzögert wurde, überzeugen die vorliegenden CDs sogar durch einen brillanteren Sound auf als bislang von den Münchnern gewohnt. Und vor allem: sie überzeugen musikalisch von den ersten Takten an. Wer beim sehr leisen, sich mit Percussions und Piano begnügenden Intro vom aufmachenden Titelstück auf Zimmerlautstärke nachregelt, bekommt beim ersten richtigen Axt-Einsatz von Bandboss Stefan Koglek gehörig die Ohrwascheln sortiert. Im späteren Verlauf wird auf gar nicht abgeschmackte Art mit Hendrix-Motiven gespielt. Percussion-Stürme sowie Stefans dann mehr Sustain zugebender Sound lassen schließlich an frühe Santana denken. Der Kritikus gesteht: Kaum ein bisheriges Colour Haze Alben vermochte ihn über die gesamte Laufzeit zu fesseln. Dieses Problem ist bei den rund 80 Minuten von "She said" bislang nicht aufgetreten. Die buntneblige Mixtur scheint eingängiger, die Arrangements stringenter geworden zu sein, ohne aber dabei die Jam-hafte Lebendigkeit völlig abzustreifen. Vielleicht ist sogar das Nuscheln am Mikro etwas gesangshafter geworden... Auch CD2 stellt einen 19-Minüter an den Anfang, der Atem des u.a. sehr schöne Akustikgitarren aufweisenden "Breathe" riecht streckenweise ein wenig nach alten Fleetwood Mac. Dass es auch trockener geht, beweisen etwa "Slowdown" und "Rite". Das abschließende "Grace" hingegen fährt sogar ein Streichquartett auf - arrangiert von Keyboarder Christan W. Hawellek (Piano, Rhodes; u.a. Solitude, der auch schon auf "Gold & Silver" sowie "Tempel" mitgewirkt hatte) sowie Trompete und Flügelhorn auf. Und wirkt dennoch nicht überladen, sondern zwingend, als müsste das alles so sein. Außerdem auf der Gästeliste: Roman Bichler (synth, mell).
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2012