CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)
Cristiano Roversi - AntiQua
(51:57, Galileo Records, 2012)
Cristiano Roversi ist einer dieser typischen Workaholics im Progzirkus. Neben seiner Band Moongarden, werkelte er in letzter Zeit beim Projekt CCLR (Cavalli Cocchi Lanzetti Roversi) mit, ist mittlerweile auch der Keyboarder bei Mangala Vallis und legt zudem mit "AntiQua" auch noch ein Soloalbum vor. Verrückt? Ja, aber positiv verrückt. Da Cristiano Roversi niemand ist, der alleine auf die Kraft der Vergangenheit setzt, sondern als Künstler immer über den Tellerrand schaut, ist auch "AntiQua" ein Album voller Überraschungen, das nicht unbedingt das bietet, was man oberflächlich erwartet. Denn liest man, dass u.a. Aldo Tagliapietra (ex-Le Orme) und Bernardo Lanzetti (ex-P.F.M.) als Gastsänger mitwerkeln, erwartet man erst einmal typischen Italo Prog oder zumindest Retro Gefühl oder so etwas Ähnliches. Aber Pustekuchen! Multi-Instrumentalist Cristiano Roversi, der das Album fast im Alleingang an diversen Saiten- und Tasteninstrumenten (u.a. Moog, Mellotron), sowie programmierbarer Rhythmusmaschinerie einspielte und einfach für die entsprechenden musikalischen Momente jede Menge Gäste einspannte, paart weichen Prog Bombast, folkige Schönheit mit modernen Einflüssen, die bis hin zu Ambientuntermalung, filmmusikalischer Entspanntheit bzw. aktueller Elektronik reichen. Damit ist "AntiQua" vor allem ein Album der besinnlichen, soften Momente, wirkt über weite Stellen wie ein Soundtrack, als dass man hier plakativen Prog Overkill zu hören bekommt. Doch auch diese sanfte Schönheit hat ihren Reiz, sofern man sie für sich vorbehaltlos zulässt. Denn Roversi ist ein Künstler, der seine Ausdrucksformen mit Bedacht und vor allem Geschmack wählt, der durch seine Musik tief in seine Seele blicken lässt. Neben aller wundersamer Melodik behält sich der Italiener eben auch vor, in den richtigen Momenten grandios gefühlvolle Gitarrensoli oder eben doch Prog Reminiszenzen mit Mellotron Breitseite einzustreuen. Ebenso gelingt es ihm, seiner Elektronik vor allem Wärme, denn distanzierte Kühle einzuhauchen. "AntiQua" ist kein Progalbum per se, sondern ein Kaleidoskop der verschiedensten Einflüsse, die von ihrer sanftmütigen Melodik zusammengehalten werden.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2012