CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)
The Prog Collective - The Prog Collective
(54:52, Cleopatra, 2012)
Ein Album, bei dem u.a. John Wetton, Chris Squire, Geoff Downes, Steve Morse, Rick Wakeman, Tony Levin, Alan Parsons, Annie Haslam, Steve Hillage und Jerry Goodman mitwirken. Das klingt doch wie ein feuchter Progtraum, das kann doch eigentlich nur gnadenlos grandios werden. Doch mittlerweile bringt man bei diesen von bekannten Namen nur so durchsetzten Projekten eine gewisse Grundskepsis mit, denn nicht immer gewährleistet schließlich die Beteiligung der Helden der Vergangenheit auch eine musikalische Offenbarung. Vor allem, wenn man weiß, dass als treibende Kraft, Schreiber und Produzent Billy Sherwood (ex-Yes, World Trade) die Fäden in der Hand hält. Aber vielleicht ist diese etwas negative Sichtweise auch nur eine typisch deutsche Haltung, da man hierzulande doch gerne zu gebremster, skeptischer Euphorie neigt, mehr Probleme bzw. negative Einflüsse, denn Lösungen oder positive Dinge sieht. Egal, The Prog Collective definieren den Progressive Rock nicht neu, vielmehr handelt es sich um ausladend produzierten Sinfonic Rock mit Prog Appeal, ganz in der ausschweifenden Weise, die man von Billy Sherwood kennt. Das klingt alles perfekt, eine Spur zu überladen, aber bei genauer Betrachtungsweise eben auch blutleer. Sherwood gelang mit seiner Band World Trade und deren titellosem, wirklich gelungenen Debüt, 1989 yessiger als Yes zu klingen, was auch letztendlich dazu führte, dass er später für kurze Zeit ein Teil der Band wurde. Seine Produzentenqualitäten sind unbestreitbar, doch neigt er eben auch dazu, aus minimalen Ideen etwas zu Aufgeblähtes zu zaubern. Und genau das passiert auch bei The Prog Collective. Dieses Album bietet gute, leicht progressive Unterhaltung auf hohem Klangniveau, jedoch eben auch inhaltlich viel zu überladen und bedeutungsschwanger. Selbst die wunderbare Stimme von Annie Haslam wird viel zu sehr mit Hall versehen und verschwimmt im klanglichen Überschwang. Lustige Anekdote nebenbei, dass ausgerechnet Jon Anderson seine Teilnahme absagte, was Sherwood mit dem Kommentar "Ich muss gestehen, dass die Musik manchmal etwas heavy und oftmals harter Prog ist und ich weiß, dass Jon mittlerweile mehr auf die sanfte Seite der Musik steht." Hmmm, vielleicht war er einfach auch nur schlau genug zu erkennen, dass dieses Album eben doch mehr Schein als Sein ist... Wie auch immer, wer den Soundkosmos von Billy Sherwood kennt und liebt, wird sicherlich auch dieses Album goutieren, ansonsten wird man leider mit viel zu viel klanglicher Fülle zugekleistert, das konnte der liebe Billy in der Vergangenheit schon besser.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2012