CD Kritik Progressive Newsletter Nr.76 (11/2012)

Panzerballett - Tank goodness
(47:39, Gentle Art Of Music, 2012)

Die Verkrassung geht in die nächste Runde. Nachdem Panzerballett in den letzten Jahren die verschiedensten Festivals und Bühnen quer durch Europa und die U.S.A. unsicher gemacht haben, wurde mit "Tank goodness" das mittlerweile vierte Album zwischen Metal und Jazz vorgelegt. Wie von den Vorgängeralben gewohnt, bekommt man einen guten Mix aus eigenem Material, sowie etwas andersartige Interpretationen von Fremdkompositionen. Oder wie es andere umschreiben: "Headbangen mit Köpfchen" bzw. "Wellness Death Jazz". Wurde in der Vergangenheit ein kruder Mix aus Material von Abba, AC/DC, Deep Purple, Nicole(!), Rammstein bis hin zu Zappa neu justiert, liegt dieses Mal der Schwerpunkt eindeutig im Jazz. Natürlich nur von der Herkunft, denn wer Panzerballett kennt, weiß, dass die Band um Gitarrist Jan Zehrfeld alles komplett auseinander nimmt und mit Rhythmus- und Riffakrobatik in ganz andere Gefilde lenkt. Dass sie ihre heftige Sache dabei nicht ganz so falsch machen, kann man u.a. an den Auftritten von namhaften Gastmusikern erkennen. Gab sich beim Vorgängerwerk "Hart genossen von Abba bis Zappa" Klaus Doldinger ein Stelldichein, ist auf "Tank goodness" mit Randy Brecker eine nicht minder bekannte Jazzlegende bei der Interpretation seines von ihm geschriebenen Titels "Some Skunk Funk" dabei. Panzerballett ist keine Musik für schwache Nerven. Da wird munter zwischen rabiaten Riffs und Hochgeschwindigkeitstechnik hin zu funkigen Grooves bzw. lockerem Jazzspiel gewechselt. Oder es soliert Saxophonist Alexander von Hagke mal virtuos oder er steuert messerscharfe Töne für den Gesamtkontext bei. Die Band ist lässig, nervös, unvorhersehbar, selbstironisch und dazu noch eine Ansammlung von exquisiten Einzelkönnern, die Polyrhythmik wie das Einfachste der Welt erscheinen lässt. Kennt man die anderen Panzerballett Alben, ist der Überraschungseffekt vielleicht nicht ganz so groß, aber beeindruckend ist es jedoch immer wieder, wie hier zwei anscheinend völlig gegensätzliche Stilistiken krass verschmolzen werden. Und wer so schön die "Dirty dancing" Edelschnulze "(I've had) The time of my life" oder auch den Jazz Standard "Take five" komplett dekonstruiert und neu zusammenbaut, hat einfach ein sehr großes Lob verdient.

Kristian Selm



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