CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)

SH.TG.N - Live
(44:14, Privatpressung, 2011)

SH.TG.N ist ein Jazzrock-Projekt, das sich stilistisch ganz auf Zappa einschwört, dabei Progressive Rock und wilde psychedelische Momente einbaut, rüde und scharfkantige Songs spielt, die vor allem erst einmal ordentlich schräg und ausgefallen sind, kaum wissen, was Mainstream und auf welchem Stern der lebt, so krass donnern, das Charly Heidenreich (Freakshow Artrock Festival) längst aufgewacht sein müsste und die Zappanale "hier!" schreit. Antoine Guenet (keys, occassional voc), Fucco Ottervanger (voc), Wim Segers (vib), Yannick De Pauw (g), Dries Geusens (b) und Simon Segers (dr) nahmen 2011 diese 11 Songs auf, damit eine CD zu füllen. Sämtlichst Eigenkompositionen, lassen sich viele Einflüsse heraushören, nicht nur Zappa, und davon viel, rüdes Punk-Erbe mit Hardcore-Ansatz ohne jedes Metal-Bestandteil auf Jazz-Basis, Jazz und die songundienlich atonale Extremextravaganz des Avantgarde Rock. Nicht alles ist von krasser Komplexität, wie überhaupt Komplexität nicht allein Garant für hochklassige Musik ist. Die Songs haben Groove und Melodie. Harmonie und Disharmonie bekriegen sich ohne Unterlass. Die Band mag keinem Vorbild, nichts und niemandem zu gehorchen, gut so. Sie spielen mit Verve und hoher Energie ihre wilden, rassigen Ideen, partiell dämmert so ein Stück ohne große Energie mit enormer Lässigkeit dahin, von buntem Bonbon-Vibraphon untermalt, um von einem krassen Lärmmonster beerdigt zu werden, in dem Gitarre, Rhythmusapparat, Melodie-Vibraphon und der ganze Rest wie wild hämmert, dröhnt und donnert, das nur zu glauben bleibt, die haben Alternative Jazz erfunden, als Nachwuchs, dessen Einflüsse unzählbar und schier unübersichtlich sind. Die stehen auf Zappa: und auf tausend weitere Sachen, Turnschuhe etwa. Technisch und handwerklich ist die Band gut geölt und begabt, im größten Lärm noch ist die Songstruktur nachzuvollziehen, es gibt keine Fehler, die nicht gewollt sind und keine Einspielmankos. Das Beste ist: SH.TG.N bedienen sich keines Vorbildes und sind, bis auf Zappa, keiner Band besonders nahe, vielleicht grinsen die missbräuchlich unterbekannten Cardiacs am Horizont, denen sind SH.TG.N ebenfalls etwas nahe. Wo Gesang zu Geschrei wird, macht es einmal mehr Spaß zuzuhören: der Typ hat die richtige Stimme dafür. Wenn er brüllt und schreit, gibt's den ungeahnten Energieschub! Das krasse junge, wilde Sechserpaar ist enorm beeindruckend unterwegs und fegt mit Leichtigkeit alle Langeweile weg. Die CD ist im Laden - aufpassen!

Volkmar Mantei



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