CD Kritik Progressive Newsletter Nr.74 (02/2012)

Moraine - Metamorphic Rock
(69:18, Moonjune Records, 2011)

Moraine wissen um die Macht der tiefen Töne und haben einem jeden ihrer instrumentalen Monster eine ordentliche Basis davon verpasst. Um dem Sound der Band näher zu kommen: kompositorisch lehnt sich die Band aus Seattle an Frühsiebziger King Crimson an, Jazz, Folk und World preschen durch die jazztrunkenen Lüfte. Die riffige Bassrasanz, entweder von Baritonsaxophon (James DeDoie), Gitarre (Dennis Rea) oder gleich der ganzen Band (des weiteren: Alicia DeJoie [elektrische Violine], Kevin Millard [b] und Stephen Cavit [dr]) gespielt, ließ sich von düsterem Metal inspirieren. Und obschon Moraine keine Band junger Häschen, sondern alter Hasen ist, passt der Sound, der alte und ganz alte mit aktuellen (ausgeflippten) Einflüssen mixt. Zu vergleichen ist der kantige, komplexe Sound gesamt kaum, so facettenreich sind die Ideen und ist der Sound der Band, die selbst vor rüdem Krach aus dem Punkerbe nicht zurückschreckt, dass der Avant Jazz Rock als besondere Delikatesse für extravagante und extremgepflegte Ohren gerade gut ist. Die Kompositionen haben sphärischen Touch, das Saxophon, leicht im Off mit Hall versehen und die direkt an der Boxmembran sitzende schneidende Krachgitarre machen den meisten wohligen Ärger. Das Violinenspiel ist fein kratzig und melodisch derb, aber etwas zarter und weniger extrovertiert gespielt. Der Bassmann bleibt ziemlich nüchtern und gelassen, während der Techniker an den Trommeln konzentriert und beeindruckend die Takte verschiebt. Macht kaum improvisativen Eindruck, was die Band in den ausgedehnten Epen spielt. Mal kommen sie schnell auf den Punkt, dann wird ausgelassener geschreddert. Feingeister werden am rauen Ton der Band erschrecken, Extremgewohnte indes vielleicht unterversorgt, weil die brassig hart rockende Dramatik nie über höchste Pegel schlägt. Das Bandspiel ist schön intensiv, jeder Melodiker bekommt Raum, sich solistisch auszutoben, wobei der Sound stets etwas zuviel Hall in den Klangraum wirft, was zwar Weite offenbart, aber auch Unsicherheit. Typisch Liveplatte. Der Klang ist perfetto, was heute so live einzufangen möglich ist, hätte ich mir schon für 1969 gewünscht.

Volkmar Mantei



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