CD Kritik Progressive Newsletter Nr.74 (02/2012)

Antoine Fafard - Solus Operandi
(74:55, Unicorn Digital, 2011)

Lange arbeitete Antoine Fafard an seinem Soloalbum. Der Spaced Out Chef, Bassist und Akustikgitarrist ist gar und ganz der Jazzrock-Sucht erlegen. Auf "Solus Operandi" sind (fast alle) Songs weitaus persönlicher und intimer, weniger technisch und radikal wie die der bislang 6 CDs seiner Band, und doch umgibt stets ein Hauch des erlesenen Stils der Technikjazzrocker die Songs auf "Solus Operandi". Dabei sind viele Stücke akustisch oder teilakustisch, auf Melodiebasis der akustischen, klassischen Gitarre abgesteckt, die Antoine Fafard ebenso spielt wie den gewohnten Fretless Bass. Hier und da sind einige funky Motive verbaut, auch mal einen ganzen Song lang, aber das prägt das Album nicht. Die lyrische Note macht auch kein Smooth Werk daraus, wenn in manchen Stücken auch ordentlich Smooth steckt. So fahren die Arrangements doch stets die technische Note hoch, ist das stets hervorragend eingebrachte Schlagzeugspiel das besondere Etwas aller Songs, in manchen extraverrückt technisch, in anderen fast songorientiert - fast. In jedem Fall, jedem Song ist das exzellent ausgefallene technische Jazzrock-Trommeln besonders, und alle Songs stark rhythmisch orientiert und arrangiert. Und doch ist hier und da eine dezent poppige Note zu hören, verbreitet die akustische, zurückhaltende Stimmung ein zartes Flair, wie es Smooth Fusion Bands in den 80ern zuhauf trieben - ohne allerdings deren klebrige Säuseligkeit zu verbreiten, sondern ganz im Gegenteil stets markant und dynamisch bleibend ROCK-charakter beweisend. Hier nix Pop, nix Schwülstigkeit. Antoine Fafards typischer Stil ist überaus präsent, gut herauszuhören. Die Songs entstammen seiner Feder und wenn sie auch nicht für Spaced Out gedacht waren und in der Überzahl dort auch nicht angebracht wären, macht "Solus Operandi" sich als kleiner Bruder der großen Furie ganz gut. Klassische europäische Einflüsse sind partiell zu hören, gering verstreut wie die Funk-Notizen. Präsenter stets die Jazzrock-Rhythmuseskapaden und hoch pulsierenden Energie-Kompositionen, in denen stets eine dämmernd melancholische Nachdenklichkeit liegt. Leider sind die Mallets nicht extra aufgeführt, sondern rangieren unter 'Drums'. Nicht in allen Songs zu hören, nicht von allen Schlagzeugern gespielt, haben doch zumindest Martin Maheux und Dave Weckl zu den anderen Stöckern gegriffen. Weitere Schlagzeuger: Eric Boudreault, Magella Cormier (bravourös!) und Marc Laflamme. Trompete (John Anderson), Sopransaxophon (Vincent Pellerin), Gitarristen auf der akustischen (Eric Brosseau, Stefane Pelletier) und der elektrischen (Jerry De Villiers Jr, Jean-Pierre Dodel, Mark Tremblay, Tom Quayle) - allesamt sind besonders technische Musiker oder ist für dieses Projekt ihre besondere technische Seite, ihr technisches Handwerk gefragt. Und selbst die zart dahindämmernden Stücke, fast schon Fernsehpausenhintergrundmusik und doch immer Jazz, die niemandem wehtun und schick aus den Boxen perlen, sind alles andere als herkömmlich oder unschuldig. Wer indes die ganz krasse Note braucht: nicht mehr lange, das nächste Spaced Out Album ist bereits fertig.

Volkmar Mantei



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