CD Kritik Progressive Newsletter Nr.73 (11/2011)

Simon Says - Siren songs
(64:20, Privatpressung / Download, 2011)

Endlich wieder mal ein Lebenszeichen von den wunderbaren Neo / Retro-Proggern Simon Says aus Schweden! Wer die Colossus - Beiträge der Band kennt, der hat fast alle auf "Siren songs" - nur als Download - veröffentlichten Tracks schon gehört. Allerdings kennt sicher noch längst nicht jeder Prog Fan die zum Teil ausladenden epischen Werke diverser Konzeptalben aus der Küche von Marco Bernard. Daher halte ich die Veröffentlichung für eine hervorragende Sache, denn sie bietet nicht nur einen repräsentativen und dabei hochwertigen Querschnitt der musikalischen und kompositorischen Leistungen von Simon Says, sondern sie erinnert auch auf sehr angenehme Weise an eine Band, von der es leider nur alle Jubeljahre mal ein richtig neues Album gibt. Und ein paar Fans hinzu zu gewinnen hat noch keiner Band geschadet, einer Prog Band am allerwenigsten! Stefan Renström, Chef und Hauptkomponist, hat zugegeben, dass es bei der Herausgabe von "Siren songs" im Wesentlichen darum geht, sich als Band in Erinnerung zu bringen. Ein derartiges Album war bereits seit längerer Zeit, nämlich seit Ende 2010, im Gespräch. Offenbar nahm Galileo Records nun aber Abstand von der Idee, so dass zur Vermeidung größerer finanzieller Risiken nur der Weg über die Download - Veröffentlichung blieb. Ärger gab es um das Cover, welches in den USA anscheinend - aus unangemessener Prüderie - als anstößig abqualifiziert und nicht akzeptiert wurde Zu den einzelnen Tracks: mit dem heraus ragenden Monumental - Longtrack "Minds of mortal men (Meander tales)" (vom Album "Odyssee - The greatest tale") hat das Album gleichermaßen Zentrum und Höhepunkt. Thematisch geht es darin um Abschnitte während der Reisen des Odysseus, in denen der arme Mann einer Reihe erotischer Versuchungen ausgesetzt ist: Circe, Calypso und die Sirenen treten auch musikalisch in Erscheinung und säuseln dem ollen O. wie auch dem Hörer so einiges um die Ohren. Viele Tempobreaks und Wechselspiel von Tastenarsenal (Hammond, Synthies und Mellotron inklusive) mit schneidenden, jedoch melodischen Gitarrensoli lassen die gut 25 Minuten nie langweilig werden. Um diesen Monstertrack herum sowie als Unterbrechung vor/nach den drei anderen längeren Songs sind verschiedene kurze Instrumentaltracks "verteilt". Durch diese Anordnung wirken sie wie Intermezzi, die aber teils von erheblicher atmosphärischer Dichte sind und den Hang Renström's zu romantischen Kompositionen deutlich erkennen lassen. Hervor zu heben sind hier neben "Frozen time", einem bisher im Prinzip noch unveröffentlichten Klavierstück, auch die für "Iliad - A Grand Piano Extravaganza" produzierten Piano Tracks "Battles" und "The final venture". Die musikalische Qualität der nun schon als Simon Says - Klassiker zu bezeichnenden "Becomes a boy" (auf "Inferno" enthalten) und "As the river runs" (hier in der auf "Kalevala" gebotenen schwedisch gesungenen kürzeren Fassung "Som Ffoden flyter") ist eh unbestritten. Die Fans von Simon Says sollten sich das Download unbedingt zulegen, wer noch unschlüssig ist, hat über die einschlägigen Online - Shops sicher Gelegenheit, mal reinzuhören. Und wer - jetzt erwähne ich es doch noch - die Stimme von Daniel Fäldt nicht erträgt, der ist nicht Simon Says - kompatibel. Für mich gilt allerspätestens seit dem Überflieger - Album "Tardigrade": ich liebe diesen leicht schrägen Gesang, der unumstößlich zu der Musik von Simon Says passt und ihr den ganz besonderen Charme und die spezielle unverwechselbare Note gibt. Sympho Prog mit "Madhatter", das ist doch stimmig!! Sehr gelungene, schöne, ergänzende "Werkschau" einer Band mit dem "gewissen Etwas". Macht gehörig Vorfreude auf den hoffentlich bald erscheinenden Nachfolger von "Tardigrade" - dafür müsste aber erst mal Weltenbummler Daniel Fäldt aus Bulgarien, wo er sich derzeit aufhält, "repatriiert" werden. Es kann also dauern...

Jürgen Wissing



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